Unis werden ihre Kundschaft los

Wegen Studiengebühren verlieren die Universitäten Köln und Bonn 20 Prozent ihrer Studierenden. Das bekommen Studentenwerke und ASten zu spüren: Ihre Verluste gehen in die Hunderttausende

von Jessica Düster

Seit Montag herrscht wieder reges Treiben auf dem Albertus-Magnus-Platz: An der Kölner Uni haben die Vorlesungen des Sommersemesters begonnen. Wie immer zu Semesterbeginn bewegen sich Menschen mehr oder weniger zielstrebig zwischen Hauptgebäude und Philosophikum, die Schlangen vor den Kopiergeräten und in der Mensa sind lang, „Erstis“ fragen sich durch. Alles wie immer?

Mitnichten. Nach der Erhebung von 650 Euro Studiengebühr für „Langzeitstudenten“ durch die rot-grüne Landesregierung rollt über die mit 62.152 Studierenden noch bis vor kurzem größte Universität Deutschlands eine wuchtige Exmatrikulationswelle. Die Universitätsverwaltung rechnet mit einem Studierendenschwund von mehr als 20 Prozent. „Die letztendliche Zahl der Studierenden steht augenblicklich noch nicht fest, es werden aber weniger als 50.000 werden“, sagt Jens Kuck, Dezernent für Studierendenangelegenheiten der Uni Köln.

Von den 20.000 Studierenden, die einen Gebührenbescheid erhielten, hätten sich nach neuesten Zahlen 6.170 Personen selbst exmatrikuliert. Die zwangsweisen Exmatrikulationen nach unterlassener Rückmeldung seien noch nicht abgeschlossen. Für die Universität bedeute der Rückgang nicht automatisch Negatives: „Gelder fließen pro Studierendem in der Regelstudienzeit, weshalb das Ausscheiden der Langzeitstudierenden hier keinen Einfluss zeigt“, sagt Kuck. Die eingeschriebenen Studierenden könnten seiner Ansicht nach sogar „insofern profitieren, dass sie durch weniger Studierende vor Ort mehr Bewegungsmöglichkeit und besseren Zugang zu Informationen erhalten“. Er räumt jedoch ein, dass die Immatrikulierten wohl mit einem eingeschränkten Angebot des Studentenwerks, etwa bei Preisen und Auswahl der Mensaessen, rechnen müssten.

Diese Befürchtung kann das Kölner Studentenwerk (KStW) zwar nicht zerstreuen, aber auch nicht bestätigen. „Es ist noch nichts beschlossen“, meint Pressereferentin Ruth Schamlott. Das KStW ist neben der Universität noch für fünf weitere Kölner Hochschulen zuständig. Im Vorjahr erhielt es Beiträge von 84.000 Studierenden. Damit werden neben den Mensen unter anderem Kindertagesstätten, Hilfsfonds, Examensdarlehenskasse und psychologische Beratung finanziert. Nun erwartet das KStW 15 Prozent weniger Studierende und damit Mindereinnahmen von 900.000 Euro. Um diesen Verlust aufzufangen, müsste der Anteil vom Sozialbeitrag, den das KStW erhält und der gerade von 33,25 auf 36,88 Euro erhöht wurde, pro Studi und Semester um weitere 6,50 Euro erhöht werden, so Schamlott. „Die Einbußen sind für uns hart, aber wir wollen auch nicht die Angebote zurückfahren.“

Nicht viel anders sieht es beim AStA aus. Die studentische Vertretung der Kölner Uni erhält derzeit sechs von den pro Semester anfallenden 113,18 Euro Sozialbeitrag. Schon bei 12.000 Studierenden weniger würde das für den AStA einen Einnahmeverlust von 72.000 Euro bedeuten. Auch hier will man vor Entscheidungen über eine Beitragsanhebung die endgültigen Zahlen abwarten.

Auch an der Uni Bonn rechnet man mit einem Rückgang der Studierendenzahlen um 20 Prozent auf nur noch 30.000. An der RWTH Aachen ist mandagegen angenehm überrascht. „Wir werden wohl deutlich unter den befürchteten 10 Prozent Minus liegen“, sagt Pressesprecher Toni Wimmer. Im letzten Wintersemester waren rund 31.000 Studierende immatrikuliert, zum Sommersemester 2004 wurden 6.100 Gebührenbescheide verschickt. 1.420 Exmatrikulationen wurden schon vollzogen, knapp 2.000 Entscheidungen stehen noch aus. In mehr als 1.000 Fällen wurde der Bescheid zurückgezogen. „Ein Ergebnis unserer guten Informationsarbeit“, meint AStA-Mitarbeiter Benedikt Kaleß. So seien vor allem Kindererziehung oder die Aufnahme eines Aufbaustudiums als Bonus anerkannt worden. Dem erwarteten Einnahmeausfall von rund 250.000 Euro hat das Aachener Studentenwerk schon durch eine Erhöhung des Beitrags von 39 auf 54 Euro zum Sommersemester vorgebeugt.