Ein Jahr lang die Köppe einhauen

Die schwarz-rote Koalition in Schleswig-Holstein muss ihr letztes Jahr im Zeichen dreier Wahlkämpfe absolvieren. Europa- und Bundestagswahl 2009, Landtagswahl im Mai 2010 – und bis dahin gäbe es noch reichlich zu tun

Wenn sich Peter Harry Carstensens Orakel bewahrheitet, wird es in der großen Koalition in Kiel spätestens von Mai an wieder richtig rund gehen – ein Jahr vor der Landtagswahl. „Wir brauchen ein Jahr für den Wahlkampf. Da hauen wir uns dann die Köppe ein“, hatte der Ministerpräsident bereits Anfang 2007 prophezeit. Damals hatte es im CDU / SPD-Bündnis gerade gekracht, wie später so häufig.

2009 droht das mit Blick auf die Landtagswahl im Mai 2010 erneut, zumal Bundestags- und Europawahl in diesem Jahr die Konkurrenz zwischen den ungeliebten Partnern anfachen werden. Zudem ist noch eine harte „Nuss“ zu knacken, weil die CDU die grundsätzlich vereinbarte Gebührenfreiheit für alle drei Kindergartenjahre unter Finanzierungsvorbehalt stellte.

Andererseits könnten die unabsehbaren Herausforderungen aus der Rezession und politischer Gestaltungswille die Koalition ausgerechnet in ihrer Endphase zusammenschmieden. Gewährleisten könnten dies jedoch nur Carstensen und SPD-Chef Ralf Stegner, die dafür tiefe Gräben zuschütten und ihre wechselseitigen Aversionen überwinden müssten. Denn vor gut einem Jahr hatte Carstensen seinen damaligen Innenminister in der bis dato schwersten Koalitionskrise zum Rückzug aus dem Kabinett gezwungen.

Den Haushalt 2009 / 2010 brachte Schwarz-Rot danach ohne neue Krise über die Runden und beschloss dabei sogar trotz der Millionenkosten 100 zusätzliche Lehrerstellen. CDU-Fraktionschef Johann Wadephul will nun mit der SPD darüber reden, über den Verzicht auf öffentliche Aufgaben Stellen abzubauen, um den Haushalt strukturell sanieren zu können. „Die Mitarbeiter des Landes sind nicht zu gut bezahlt, sondern zu zahlreich“, argumentiert Wadephul. Eine Lösung dieser heikelsten aller Aufgaben ist aber nicht absehbar.

„Wir haben in den nächsten anderthalb Jahren drei Wahlkämpfe, in denen wir uns jeweils mit klarem inhaltlichen Profil positionieren werden“, sagt SPD-Landes- und Fraktionschef Stegner zur Ausgangslage. „Ungeachtet dessen nehmen wir unsere Verantwortung für das Land ernst und arbeiten ab, was wir uns vorgenommen haben. Es geht uns um Inhalte, nicht um Klamauk.“ Ganz oben als Ziel steht für Stegner, die Eltern von allen Kindergartenkosten zu befreien.

Auch die Ministerien betonen, dass sie 2009 / 2010 noch viel vorhaben. So geht der Umbau des Schulsystem ebenso weiter wie der Ausbau der Kinderkrippen. Justiz- und Arbeitsminister Uwe Döring (SPD) setzt bei der Arbeitsmarktförderung stärker auf Qualifizierung: „Wir wollen auf allen Ebenen mehr Könner“, erläutert er. „Die meisten Menschen können mehr als sie glauben und das müssen wir besser fördern.“ Döring plant auch eine mit 1,5 Millionen Euro ausgestattete Opferschutzstiftung.

Umweltminister Christian von Boetticher (CDU) bereitet einen Aktionsplan zum Klimaschutz vor. Sozialministerin Gitta Trauernicht arbeitet daran, dauerhaft jedem Kind eine Mittagsmahlzeit und eine Ferienerholung zu garantieren. Die SPD-Politikerin will auch die Gemeinden verpflichten, die Senioren an ihren Angelegenheiten zu beteiligen sowie in der medizinischen Betreuung ambulante, niedergelassene und stationäre Angebote bündeln. „Wir wollen eine regionale Gesundheitsversorgungsplanung auf den Weg bringen“, sagt Trauernicht. „Wir haben noch richtig was zu tun.“ WOLFGANG SCHMIDT, DPA