berliner szenen Manni grillt royal

Kulturstaatsministerin

Hallo, Frau Kulturstaatsministerin! Und saß da drüben nicht Enzo Ferrari? Schon tot, sagte Joe. Und?, sagte Manni. Die da, er zeigte auf eine dackelhaarige Frau, die ein blutiges Steak verschlang, die da ist auch schon hundert Jahre nicht mehr Kulturstaatsministerin. Die tut nur noch so. Na dann ist ja gut, sagte Joe, wir tun ja auch bloß so. Alles Kunst, sagte er. Für gewöhnlich erzählte Manni bei einem solchen Gesprächsverlauf die Geschichte vom falsch herum gehängten Nolde und wie er dem Freiburger Museum für Neue Kunst einmal einen fetten Skandal erspart hatte.

Alles Kunst, brüllte Joe wieder, dass Enzo und die Kulturstaatsministerin a. D. erschrocken aufsahen: Einen Supertanker kapern und 25 Millionen fordern – ein Akt der Kunst. Eine Augenklappe tragen – ein Akt der Kunst. Einen Obdachlosen in Champagner baden – ein Akt der Kunst. Die eigene Partei beschimpfen und wenn sie sich durchringt, dir zu verzeihen, blitzschnell austreten – ein Akt der Kunst. Sich als Schwarzer zum Präsidenten einer Nation wählen lassen, die im Verhältnis zum Bevölkerungsanteil sechsmal mehr Schwarze als Weiße verknackt – Kunst.

Glaubte Joey eigentlich, was er so absonderte? Die Diktatur der Kunst, was sollte das denn sein, bitte? Die Kunst schafft sich selbst und sie schafft sich auch selbst ab. Der Markt ist es ja nicht, der die Kunst macht, sagte Joey. Machte Manni die Kunst? Fest stand mal: Wenn Joey vorn seine Reden schwang, stiegen hinten die Preise. Teamwork nannte Manni das, und nur das zählte. Ein Glück, dass gedanklich diesmal alles so glatt lief. Manni brauchte nicht mal die Geschichte vom falsch herum aufgehängten Nolde zu bemühen und konnte sich ganz seinem Entrecôte widmen. SASCHA JOSUWEIT