US-Konjunktur zieht auch Weltwirtschaft mit

Notenbankpräsident bereitet auf Zinserhöhung vor. IWF ist auch optimistisch, warnt aber vor hohem Defizit

BERLIN taz ■ US-Notenbank-Präsident Alan Greenspan hat sich optimistisch zur Entwicklung der Wirtschaft in den Vereinigten Staaten geäußert. Bei einer Anhörung vor dem Bankenausschuss des Senats vorgestern Abend sagte Greenspan, dass die Preise langsam wieder anzögen. Das Risiko einer Inflation werde aber durch die steigende Produktivität in Grenzen gehalten. Auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt bewertete Greenspan positiv. Damit wollte der oberste Währungshüter der USA die Märkte in gewohnt verklausulierter Sprache offenbar auf eine Erhöhung der Leitzinsen vorbereiten.

Die Einschätzung Greenspans wird gedeckt von der aktuellen Konjunkturprognose des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dieser bewertet die Aussichten für die US-Wirtschaft grundsätzlich positiv und erwartet nun ein Plus von 4,7 Prozent für das laufende Jahr. Auch in Großbritannien, Japan und Asien laufe es besser als erwartet, erklärte der IWF vor seiner turnusgemäßen gemeinsamen Tagung mit der Weltbank am kommenden Wochenende in Washington. Insgesamt geht der IWF nunmehr von einem weltwirtschaftlichen Wachstum in Höhe von etwa 4,7 Prozent für 2004 aus. Im September lag die Prognose noch bei 4,1 Prozent Zuwachs weltweit.

Doch die USA könnten den von ihr mitinitiierten Aufschwung mittelfristig aber auch gefährden, meint der Währungsfonds. Denn auch in den kommenden Jahren werden die USA nach Einschätzung der Experten weiterhin deutlich mehr Waren, Dienstleistungen und Kapital ins Land holen als sie ausführen und damit ihr Leistungsbilanzdefizit nicht deutlich senken. Das könnte den US-Dollar schwächen und somit zu Zinserhöhungen führen. Für die besonders hoch verschuldeten Schwellenländer zum Beispiel in Lateinamerika würde dies eine Verschärfung ihrer Situation bedeuten.

Generell sieht der Währungsfonds in Lateinamerika eine Stabilisierung des Aufschwungs. Osteuropa werde „weiter robust wachsen“, eingeschränkt durch das noch schwache Wachstum der Eurozone.

Die am schnellsten wachsende Region bleibe aber Asien, wobei der stärkste Impuls weiter aus China kommen werde. Hier rechnet der IWF mit einem Wirtschaftswachstum von 8,5 Prozent. Dies würde über dem von der Regierung ausgegebenen Ziel von sieben Prozent liegen und könnte die Ängste vor einer Überhitzung der chinesischen Wirtschaft verstärken.

Ein kurzfristiges Risiko stellt neben „geopolitischen Unsicherheiten“ dem IWF zufolge auch die Entwicklung des Ölpreises dar. Das wegen des schwachen US-Dollars, anziehender Weltnachfrage und anhaltend niedrigen Lagerbeständen schon hohe Preisniveau werde weiter steigen. Auch die übrigen Rohstoffe würden „im Sog der kräftigen Konjunktur“ zum Teil deutlich teurer.

Dennoch bleibt der Fonds auch für die über das Jahr hinausgehende Entwicklung optimistisch. Das Wachstum, werde 2005 „an Breite gewinnen“, insbesondere wegen einer zunehmenden Dynamik in der Eurozone. Gleichzeitig werde sich das Wachstum in den USA nur „mäßig“ abschwächen.

STEPHAN KOSCH