Berufsdemonstrantentum

Freispruch in der „Lachsbrötchen-Affäre“: Kein Subventionsbetrug durch Arbeitslosenverein

Hartmut Diekwisch ist rehabilitiert. Das Amtsgericht hat den ehemaligen Geschäftsführer des „Vereins zur Betreuung von Arbeitslosen und Arbeitslosenhilfegruppen“ gestern vom Vorwurf freigesprochen, Zuwendungen zweckentfremdet verwandt und dadurch einen Subventionsbetrug begangen zu haben. Auch der Staatsanwalt hatte nach der Beweisaufnahme nur noch auf eine „Verwarnung mit Strafvorbehalt“ plädiert, also keine Verurteilung Diekwischs verlangt.

Schon ehe der Prozess eröffnet wurde, war ein Großteil der zuvor gegen Diekwisch erhobenen Vorwürfe zusammengebrochen. Sein Fall hatte unter dem Titel „Lachsbrötchen-Affäre“ den Bürgerschaftswahlkampf 2001 mitbestimmt. MitarbeiterInnen des Vereins, wusste damals die Springer-Presse zu berichten, hätten für Gewerkschaftsbosse des DGB unentgeltlich Brötchen schmieren müssen. Außerdem seien sie gezwungen worden, während ihrer Arbeitszeit an parteipolitischen Demonstrationen teilzunehmen, und hätten dann auch noch Ausgleichstage für Mehrarbeit bekommen, die nicht geleistet worden sei.

Der angebliche „Lachsbrötchen-Skandal“ war dann nicht einmal zur Anklage gekommen. Und bei den übrigen beiden Vorwürfen sah die Richterin gestern eine Schuld Diekwischs nicht als erwiesen an. Sicher sei in dem Verein einiges nicht ganz ordnungsgemäß abgelaufen, es habe „Mauschelei“ gegeben, wie sie es nannte. Persönlich dafür verantwortlich aber sei der damalige Geschäftsführer nicht.

Zu den Demonstrationen hatte die Richterin festgestellt, dass die nicht SPD-nah, sondern „allgemeiner politischer Art“ gewesen seien. Und dass ABM-Kräfte des Vereins daran teilgenommen und sie auch mit vorbereitet hatten, sei nicht verwerflich, sondern vielmehr Teil ihrer Aufgaben gewesen. In etlichen der Stellenbeschreibungen für die ABM-Kräfte, die auch dem Arbeitsamt vorgelegen hatten, sei ausdrücklich „Öffentlichkeitsarbeit“, das „Erstellen von Flugblättern“ und die „Mitarbeit an Informationsständen“ erwähnt gewesen. Man könne „von öffentlich gefördertem Berufsdemonstrantentum sprechen“.

Wohl sei das Demonstrieren in einzelnen Fällen, etwa in dem des Buchhalters, nicht von dessen Aufgaben umfasst gewesen. Sie habe aber nicht feststellen können, dass Diekwisch dabei einen vorsätzlichen Betrug um die Zuwendungen begangen habe. Er habe vielmehr sogar davon ausgehen müssen, dass das Arbeitsamt den Einsatz der ABM-Kräfte auf den Demos kannte und auch billigte.

Die Richterin sagte, sie habe „keinen Zweifel“, dass in einigen Fällen MitarbeiterInnen Ausgleichstage genommen hätten, ohne dafür Mehrarbeit geleistet zu haben. Sie könne „nicht ausschließen, dass einige Arbeitnehmer das System des Vereins ausgenutzt haben“, sagte sie. Dass dies aber Diekwisch zugerechnet werden könne, das „wage ich zu bezweifeln“, sagte sie und sprach den ehemaligen Geschäftsführer auch in diesem Anklagepunkt frei. ELKE SPANNER