Viel frischer Wind

Erfolg für Windenergieproduzenten vor dem Bundesgerichtshof: Monopolist Schleswag muss umweltfreundlichen Strom teuer bezahlen

„Verantwortung für eine ressourcen- und umweltschonende Energieerzeugung“

von SVEN-MICHAEL VEIT

Das sei „ein weiterer Erfolg für den Windstrom“, freute sich Detlef Matthiessen, engergiepolitischer Sprecher der Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag über ein gestriges Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe, der das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) des Bundes als „verfassungsgemäß“ bestätigte. Damit wurde eine Klage des schleswig-holsteinischen Energiemonopolisten Schleswag abgewiesen.

Auch SPD-Wirtschaftsminister Bernd Rohwer sieht sich „in unserer Energiepolitik bestätigt“. Zugleich kündigte er an, den Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein „planvoll“ fortzusetzen und auch die „Chancen im Offshore-Bereich zu wahren“.

Nach dem Karlsruher Richterspruch müssen Energieversorger auch künftig Strom aus Windkraftanlagen zu höheren Preisen abnehmen. Die im EEG geregelte Abnahmepflicht der Versorger verstoße weder gegen die Berufsfreiheit noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch nach der Liberalisierung des Strommarkts im Jahr 2000 hätten die Versorger eine „besondere Verantwortung für eine ressourcen- und umweltschonende Energieerzeugung“, begründete der VIII. Zivilsenat seine Entscheidung.

Er gab drei Betreibern von Windkraftanlagen Recht, die ihren Strom ins Schleswag-Netz einspeisen wollen. Das Rendsburger Unternehmen, das vor zwei Wochen mit der Hamburger HeinGas zu E.on-Hanse fusionierte, ist der bundesweit größte Abnehmer von Windenergie und hatte behauptet, die Einspeisung von Strom aus den mehr als 2200 Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein übersteige ihre Kapazität. Sie sei bald nur noch ein „Windenergie-Verteilungsunternehmen“.

Denn das Land zwischen den Meeren ist mit 2250 Gigawatt im Jahr 2001 – etwa die doppelte Jahresleistung der vier Atomreaktoren Brokdorf, Brunsbüttel, Krümmel und Stade – im Wert von rund 195 Millionen Euro der größte Produzent von Windkraft in Deutschland und hinter Dänemark der zweitgrößte in Europa. Im Februar 2002 wurde erstmals eine Schallmauer durchbrochen: Mehr als 50 Prozent des im Lande verbrauchten Stromes waren von Windmühlen erzeugt worden. „So soll es weitergehen“, jubelte damals der grüne Fraktionschef im Landtag, Karl-Martin Hentschel, vorzugsweise „in der Offshore-Nutzung auf See“.

Das Argument der Schleswag, durch den vielen Wind im Norden sei sie ungleich stärker belastet als andere deutsche Stromunternehmen, ließ der BGH nicht gelten. Nach dem Gesetz könnten mit der Abnahmepflicht verbundene Mehrkosten weitgehend auf alle Energieversorger umgelegt werden. Damit sei den Interessen der Schleswag ausreichend Rechnung getragen.

Die Schleswag bedauerte die Entscheidung aus Karlsruhe. „Das Urteil kann sich negativ auf die Versorgungszuverlässigkeit auswirken“, sagte Unternehmenssprecherin Esther Seemann. Es bestehe die Sorge, dass das Netz nicht mehr gesteuert und damit überlastet werden könne, wenn alle Windkraftanlagen einspeisen dürften. Dies gefährde das Energiemanagement der Schleswag, betonte Seemann.

Unter dem Titel „Wind und Sonne schicken keine Rechnung – Die globale Energiewende kommt“ referiert Dr. Franz Alt am Mittwoch, dem 25. Juni, zu Beginn des Windmesse-Symposiums (9 bis 18 Uhr) in der Hamburger Handwerkskammer, Holstenwall 12. Infos: www.Windmesse.de. weiterer bericht SEITE 9kommentar SEITE 12