Rot-weißes Mirakel am Hermann-Löns-Weg

Vor 9.000 Zuschauern macht Fortuna Düsseldorf mit dem 1:0 in Solingen einen Schritt Richtung Fußball-Regionalliga. Während die Fans schon vom großen Bundesliga-Comeback träumen, bittet Trainer Morales um „ein wenig Geduld“

SOLINGEN taz ■ Es gibt Fußballfans, die Wunder verdient haben. Fast 8.000 treuen Anhängern des leid geprüften Traditionsvereins Fortuna Düsseldorf widerfuhr am Mittwochabend ein Mirakel der seltenen Art: Gerechtigkeit im Fußball. 89 Minuten hatte der Tabellenführer der Oberliga Nordrhein verzweifelt versucht, ein Tor im Stadion am Hermann-Löns-Weg zu erzielen. Doch Gebälk, Gebolze und das Gewurstel der tapfer verteidigenden Heimmannschaft Union Solingen konservierten bis kurz vor Schluss ein Nullzunull. Fortuna brauchte einen prekären indirekten Freistoß im Strafraum, um zu gewinnen. Robert „Pico“ Niestrojs gewalttätiger Treffer aus fünfeinhalb Metern sorgte für ein rares Stück Gerechtigkeit.

Nach dem spät errungenen, aber hoch verdienten Auswärtssieg beim langjährigen Zweitligisten Solingen kann Fortuna Düsseldorf wohl für die Regionalliga planen. Sieben Jahre nach dem Abstieg des zweifachen DFB-Pokalsiegers (1979 und 1980) aus der Bundesliga konkretisiert sich damit eine bemerkenswerte Comeback-Hoffnung. Fortuna Düsseldorf will und soll wieder hoch kommen – das ist in der NRW-Landeshauptstadt Konsens. Oberbürgermeister und Fortuna-Aufsichtsrat Joachim Erwin (CDU) verlangt diesen Erfolg im Kommunalwahljahr. Für Fortuna-Manager und 1990-Weltmeister Thomas Berthold gehört der sportliche Aufstieg in die Dritte Liga zum mittelfristigen Business-Plan des Clubs. Und der italienische Trainer Massimo Morales – in den 1990er Jahren Giovanni Trappatonis Dolmetscher beim FC Bayern – hat ebenfalls erklärt, dass er mit Fortuna zurück in den Profifußball möchte. Halb im Witz, halb professioneller Ernst sagte Morales nach dem Solingen-Spiel bei der Pressekonferenz: „Entschuldigung, aber für den Bundesliga-Aufstieg bitte ich noch um ein wenig Geduld.“

Das euphorische Umfeld in der entgegen aller Klischees traditionsreichen Fußballstadt Düsseldorf vertraut dem Führungsteam. Drei Abstiege, neun Trainerwechsel und ungezählte Fehleinkäufe haben die Fortuna-Fans in den letzten zehn Jahren ertragen müssen. Das gehasst-geliebte Rheinstadion in Düsseldorf-Stockum wurde abgerissen und durch eine neue 240-Millionen-Euro-Arena ersetzt. Eigentlich sollten in dem von der Stadt mitfinanzierten Stadion die Fußball-WM 2006 und Olympische Spiele statt finden. Aus beiden Utopien ist nichts geworden. Jetzt werden in der fast fertig gestellten Arena nur die American Footballer von Rhein Fire antreten – und Fortuna, falls der Regionalliga-Aufstieg tatsächlich gelingen sollte.

Für den sportlichen Aufschwung steht neben dem lustigen Defensivspezialisten Morales auch der Torschütze von Solingen. Der 29-jährige Mittelfeldspieler Robert Niestroj kommt aus Düsseldorf und gehört dem Verein mit kurzen Unterbrechungen seit über zehn Jahren an. Unter Trainer Aleksandar Ristic hat Niestroj Mitte der 90er Jahre noch im Bundesliga-Kader gestanden. Dann ging es bergab mit Fortuna und Niestroj verließ den Verein. Nach erfolglosen Gastspielen in Wolverhampton und Nürnberg kickt Niestroj jetzt wieder am Flinger Broich. Zusammen mit dem Ex-Duisburger „Zico“ Zeyer und Víctor Hugo Lorenzón aus Argentinien gehört er zu den Leistungsträgern einer Mannschaft, die mit Verstärkungen auch in der Regionalliga zu den Aufstiegsfavoriten zählen dürfte. Niestroj glaubt an den Aufstieg. Sein Lieblingslied: „Ich wünschte, jeder wär ein Düsseldorfer“. MARTIN TEIGELER