Horror, kalorienarm

Nachwuchsförderung à la Pro 7: der Episodenthriller „Geheimnisvolle Freundinnen“ (20.15 Uhr) aus der Reihe „First Cut“ ist so gruselig nicht

von CHRISTIAN BUSS

Pro 7 versucht offensichtlich seine unterschiedlichen Zielgruppen unter einen Hut bekommen: In „Geheimnisvolle Freundinnen“ fungieren gut situierte Single-Haushalte als Brutstätten des Grauens; das wirkt in etwa so, als hätte man die Mystery-Serials des Mittwochs („Buffy“ etc.) in den Kulissen der dienstäglichen Yuppie-Dramolette („Sex And The City“ etc.) abgedreht. Solch kalkulierte Unordnung passt gut zum unübersichtlichen Pro 7-Donnerstag, der einst ja für selbst produzierte TV-Movies reserviert gewesen ist, momentan aber neu geordnet wird. Denn Fernsehfilme mittlerer Preisklasse, so war ja unlängst aus der Chefetage des Senders zu vernehmen, wolle man in Zukunft nicht mehr herstellen. Stattdessen soll verstärkt auf wuchtige, alle Marketingkräfte bündelnde Zweiteiler wie „Das Jesus Video“ gesetzt werden.

Aber auch hinter „Geheimnisvolle Freundinnen“ steckt ein geschmeidiges PR-Konzept. Es ist der erste Beitrag zur Konzeptreihe „First Cut“, mit der Pro 7 dem Nachwuchs unter die Arme zu greifen gelobt. Was sich in wirtschaftlich schlechten Zeiten natürlich ehrenhaft ausnimmt, ist eine großspurig angekündigte Fördermaßnahme als Kompensationsversuch: Vier Neulinge sollen künftig mit Unterstützung eines professionellen Teams einen Episodenfilm gestalten. Als Erstes wurden vier junge Regisseure, Quereinsteiger allesamt, ausgewählt. Einer der Beteiligten stand vor Jahren schon bei der Daily-Soap „Marienhof“ als Schauspieler vor der Kamera, ein anderer – und das ist wirklich seltsam – arbeitet ansonsten als Redakteur der ZDF-Fernsehspielabteilung.

Selbst wenn einer der Beteiligten in der Lage wäre, eine eigene Handschrift zu entwickeln – sie käme innerhalb der Erzählzwänge des Episodenkonstrukts und durch den genormten Pro 7-Look nicht zum Tragen. So mutet „Geheimnisvolle Freundinnen“ an wie eine Mischung aus „The Sixth Sense“ und einem Werbespot für kalorienarmen Brotaufstrich. Die Kamera saust durch schöne Altbauwohnungen, schwebt auch mal die hohen Stuckdecken entlang, und der Horror kommt so pittoresk und possierlich daher, als wäre er nach dem Motto „Okkultismus – Der neue Sommerhit aus den USA“ aufbereitet worden.

Der Schauerreigen kommt bezeichnenderweise in Bewegung, nachdem sich vier hübsche und dynamische Großstadtbewohnerinnen in Rotweinlaune zu einer Séance versammelt haben. Da wird dann orakelt, dass die Damen binnen 48 Stunden dem Tod begegnen werden. Es wird sanfte Zivilisationskritik geübt und Sadomaso-Sex angedeutet. Mäßig befreite Geister mag so was schaudern lassen, in Wirklichkeit sind die ausgeleuchteten menschlichen Abgründe nicht tief. Es gibt zwar ein paar wirklich morbide Impressionen, aber die werden stets vom Zwang zur Pointe verspielt.

So mimt Götz George (für seine Verhältnisse zurückhaltend) einen Kunstdozenten, der die Leinwände seiner Gemälde mit sterbenden Insekten präpariert und somit die düsteren Fantasien einer der Heldinnen beflügelt – bis zu seiner jämmerlichen Demontage. Am Ende bleiben nur malerisch ausgelaufene Rotweinflaschen und schwarze Katzen als Omen des Bösen. Hokuspokus, um die Zeit zwischen den Werbeblöcken zu füllen.