Unbeleckt in den Rat

Das „Kölner Bürger Bündnis“ stellt sich erstmals vor der Kommunalwahl der Öffentlichkeit. Es hofft auf vier Sitze

KÖLN taz ■ Die Stimmung, die das „Kölner Bürger Bündnis“ am Mittwoch Abend bei seinem ersten öffentlichen „Info-Abend“ verbreitete, war alles andere als optimistisch. „Wir empfinden Politik nur noch als Verschlechterung unserer Lebenswelt“, sagte der Vorsitzende Martin Müser: „Politik ist zum Selbstzweck für Politiker verkommen.“ Schwarz-grüne Entscheidungen zum Deutzer Hochhaus oder der Rennbahn-Bebauung zeigten, dass die etablierten Parteien nicht mehr in der Lage seien, Veränderungen vorzunehmen.

In die gleiche Kerbe hieb die ehemalige Grünen-Ratsfrau Petra May. „Wenn man in diesen Parteien seine Meinung äußert, erfährt man internen Druck, der unerträglich ist und auch unter die Gürtellinie geht.“ Anita Cromme, für die SPD in den Stadtrat gewählt, ließ auch kein gutes Haar am Diskussionsstil ihrer Ex-Partei: „Die jungen Leute in der SPD haben überraschend schnell das gelernt, was ihnen die Alten vorgemacht haben. Sie machen jetzt das Gleiche, es wird nur schöner verpackt.“

Neben den Politikern wurden auch die Medien an den Pranger gestellt. Die würden entweder gar nicht über das „Kölner Bürger Bündnis“ berichten oder sich auf Personen konzentrieren. Angesichts der Tatsache, dass neben der Pressemitteilung zum Wahlprogramm gerade die Nachricht über die Personalien Cromme und May die einzigen öffentlichen Äußerungen des Bündnisses waren, freilich eine ungewöhnliche Einschätzung. Müser, der sich selbst als „politisch unbeleckt“ darstellte, versprach den Verzicht auf jeglichen Fraktionszwang. Und dass das „Bürger Bündnis“ in Fraktionsstärke (also mindestens mit vier Personen) in den Stadtrat einziehen wird, war für Ex-Schuldezernent Andreas Henseler sonnenklar: „Das steht für mich völlig außer Zweifel.“

Politisch steht die Gruppierung nach eigenen Angaben weder links noch rechts: „Aus dieser Ecke wollen wir raus“, meinte May. Es gehe vielmehr darum, möglichst viele Bürger „ideologiefrei“ an offenen Diskussionen zu beteiligen. Auch Koalitionen will das Bündnis keinesfalls eingehen, weil das die Meinungsfreiheit einschränke. „Wir wollen keine Machtspielchen im Stadtrat betreiben, wie es die anderen Parteien tun“, sagte Werner Peters. Frank Überall