Neu im Plattenschrank
: Besinnungslose Gitarren und flotte Bräute

Die Elenden: „Elend für alle“ (netMusicZone Records/Rough Trade)

Die Elenden haben nichts weniger als den Segen Rio Reisers. Oder zumindest den Segen derer, die sein Erbe verwalten und den Rio Reiser Song Award stifteten, den wiederum Die Elenden vor drei Jahren gewannen. Aufgenommen wurde „Elend für alle“ denn auch folgerichtig in Fresenhagen, im gleichen Studio, in dem schon Ton Steine Scherben produziert haben, gleich neben dem Grab von Reiser. Die geschichtsträchtige Bürde umgehen Die Elenden mit überzeugter Rotzigkeit. Musikalisch erinnern ihre Songs an Pub-Rock, wie er Mitte der 70er-Jahre als Punk-Vorläufer gespielt wurde, voller besinnungsloser Gitarren, mit flotten Ska-Rhythmen und reichlich selbstverliebten Rockklischees. Die Texte ergänzen diesen Eindruck adäquat: Es geht um Bräute und flotte Dreier, Liebe in Reykjavík, Alkohol und seltsame Rauchwaren, um Kugeln im Kopf, schlaflose Nächte und untalentierte Popstars. „Monster“ ist ein süßes, kleines, altmodisches Sauflied und andere Songs heißen „Zieh dich aus“ oder auch „Rummpelbeat & Hoppsmusik“, und da ist was dran. Nur manchmal, so wenn sie in recht dreister Anlehnung an Neil Young „Keep On Fuckin' For A Free World“ fordern, rutscht die schnoddrige Attitüde ab ins leicht Prollige. TO