Telekomriese will die Wall Street erobern

Die Skandalfirma Worldcom geht jetzt unter dem Namen MCI wieder an die Börse. Ob sie überlebt, ist unklar

NEW YORK taz ■ Fähnchen flattern vor dem Eingang des neuen Hauptquartiers von Worldcom in Virginia: Fast zwei Jahre nach der größten Pleite in der US-Wirtschaftsgeschichte feiert die Skandalfirma ihre Entlassung aus dem Konkursverfahren. In den nächsten Wochen will die Firma, die einst Verluste von 11 Milliarden Dollar verheimlicht hatte, dann wieder an die Börse gehen. Doch muss sich der Telekomriese, der sich jetzt MCI nennt, bereits gegen neue Vorwürfe wehren. Erst kürzlich hat der Staat von Mississippi, wo Worldcom früher angesiedelt war, beim Insolvenzgericht in New York die Nachzahlung von Steuerschulden in Höhe von einer Milliarde Dollar gefordert.

Mit der Hilfe seines Wirtschaftsprüfers KPMG habe die Firma sich durch das Verschieben von Einkommen in Milliardenhöhe aus Staaten mit hohen Steuern in solche mit niedrigen enorme Steuererleichterungen verschafft. Einen ähnlichen Vorwurf machen ein Dutzend anderer Staaten. Sie fordern die Rückzahlung von insgesamt 500 Millionen Dollar. In Papieren, die beim Gericht eingereicht wurden, bestreitet MCI die Vorwürfe. Das seien „schmähliche Taktiken, um mehr Geld aus der Firma herauszupressen“.

Neue Vorwürfe gibt es aber auch an der Wall Street. Die Aufsichtsbehörde Securities & Exchange Commission (SEC) hat sich auf die Seite der geschädigten Anleger gestellt, die eine Sammelklage gegen Worldcom eingeleitet haben. In einem Schreiben, das vor einer Woche beim Gericht eingereicht wurde, behauptet die Behörde, dass Analysten wie Jack Grubman von Citigroup den Preis von Aktien und Anleihen beeinflussen würden. Sie sollen für die Verdrehung von Tatsachen haftbar gemacht werden. Grubman hat Worldcom immer sehr gelobt. Die These der SEC bestreitet die Citigroup dennoch energisch.

Darüber hinaus müssen MCI die künftigen Aktionäre Sorgen bereiten. Das werden zumeist die Wall-Street-Profis sein, die sich nach dem Kollaps von Worldcom Anleihen für so wenig Geld wie möglich geschnappt haben. Diese werden sie nämlich gegen neue Aktien austauschen – und so schnell wie möglich wieder in Bargeld einwechseln wollen. Ein solcher Ausverkauf der Aktien wird den Preis dann aber drastisch nach unten drücken. MCI muss sich ohnehin auf einem Markt bewähren, auf dem sich ein unerbittlicher Preiskampf abspielt. Und der Konzern hat bereits 30.000 Angestellte entlassen und die Schulden von 35 auf 6 Milliarden Dollar gedrückt. HEIKE WIPPERFÜRTH