Vorbildlich: Bundespräsident Rau trinkt fair

Auch der faire Handel leidet an der Konsumflaute: Obwohl die Zahl der Käufer gleich bleibt, bricht der Umsatz um rund 10 Prozent ein. Teppiche mit dem Rugmark-Siegel „ohne Kinderarbeit“ gibt es deshalb künftig auch in Möbelhäusern

BERLIN taz ■ Darauf legt Bundespräsident Johannes Rau Wert: In seinem Berliner Amtssitz werden nur fair gehandelter Kaffee, Tee und Orangensaft getrunken. Überhaupt werben Prominente gerne für den politisch korrekten Kauf: Mutter Beimer aus der Lindenstraße etwa, FC-Bayern-Kicker Giovane Elber oder Exarbeitsminister Norbert Blüm. Im letzten Jahr haben sie jedoch nicht überzeugt. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 10 Prozent weniger fair gehandelte Produkte verkauft, gaben gestern die Initiativen für fairen Handel, Transfair und Rugmark, bekannt.

Der Transfair-Umsatz ging von 56 Millionen Euro im Jahr 2001 auf 51 Millionen zurück. „Immer mehr Deutsche kaufen wieder in Discountern, aber Aldi, Lidl und Plus sperren sich bisher, unsere Produkte aufzunehmen“, klagt Transfair-Geschäftsführer Dieter Overath. Allerdings mache dem fairen Handel nicht nur die Billigkonkurrenz zu schaffen, sondern auch die Konsumflaute: Die Zahl der Käufer von Transfair-Produkten ist mit 3 Millionen gleich geblieben. Sie greifen nur seltener zu.

Schließlich muss mehr zahlen, wer fair gehandelte Produkte in die Einkaufstüte packt. 1,50 Euro macht der Unterschied bei Kaffee im Schnitt aus. „Dafür aber profitieren 800.000 Familien in 40 Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asien“, sagt Overath. Denn fair gehandelt heißt: Die Bauern erzielen Preise, die deutlich über dem Weltmarktniveau liegen, für ein englisches Pfund Kaffee (436 Gramm) etwa 126 Cent im Vergleich zu maximal 68 Cent auf dem Weltmarkt.

Richtig schlecht verkauften sich im letzten Jahr die von der Rugmark-Initiative gelabelten „Teppiche ohne Kinderarbeit“. Zwar gaben die Deutschen dafür insgesamt noch 70 Millionen Euro aus, das aber sind 25 Prozent weniger als im Jahr 2001. Sprecherin Claudia Brück allerdings erklärt: „Die Teppichbranche ist weltweit in der Krise.“ Allein Indien und Nepal hätten 35 Prozent weniger Teppiche exportiert. Aufschwung erhofft sich Rugmark von neuen Partnern: Die Teppiche werden ab sofort nicht mehr nur im Fachhandel, sondern auch in den Möbelhäusern Musterring, Domäne, Himolla und Porta verkauft.

Und etwas anderes gab es gestern zu feiern: Erstmals wurde in einem Jahr eine Million Liter fairen Orangensafts – der Neuling unter den fair gehandelten Waren – verkauft. Orangenpflücker in Brasilien und auf Kuba haben bereits ein Internat für Mädchen, Werkstätten und einen Tanzsaal aufgebaut. HANNA GERSMANN