Neuer Chef macht nichts besser

Der Spanier Rodrigo Rato soll neuer IWF-Chef werden. NGOs sind skeptisch

BERLIN taz ■ Dass der Internationale Währungsfonds (IWF) am Wochenende einen neuen Chef bekommt, ist lange klar. Der bisherige Geschäftsführende Direktor Horst Köhler will ja bekanntlich Bundespräsident werden. Sein Nachfolger beim IWF wird wohl der als konservativer Ökonom geltende frühere spanische Finanzminister Rodrigo Rato.

Die Wahl gilt als Formsache – und wird an der grundsätzlichen Politik des IWF nichts ändern. Das meint zumindest die Entwicklungsorganisation Weed. Die 1990 gegründete Organisation will in Deutschland mehr Bewusstsein für die Ursachen weltweiter Armuts- und Umweltprobleme schaffen. „Die IWF-Politik wird nicht vom Direktor bestimmt“, sagt Weed-Vorstandsmitglied Peter Wahl. De facto nehme der Währungsfonds die strategischen Interessen der USA wahr. Das sei möglich, weil die Stimmrechte nach dem Prinzip „One Dollar, one Vote“ durch die Höhe der finanziellen Einlage in den Fonds bestimmt werden und die USA so über eine Sperrminorität von 17,8 Prozent verfügen. Zudem beklagt Wahl, dass im IWF seit den 90er-Jahren eine „volkswirtschaftliche Monokultur“ aus Vertretern einer neoliberalen Politik entstanden sei. Köhler habe diesen Kurs lediglich „rhetorisch aufgehübscht“. Die neoliberalen Rezepte hätten sich aber als Illusion herausgestellt. So bewertet Weed die Initiative Hipic zur Entschuldung schwer verschuldeter armer Staaten als gescheitert. Von den 42 Kandidatenländern hätten nur 27 die Qualifikation zur Teilnahme am Verfahren erhalten, nur 9 hätten bis heute tatsächlich einen Schuldenerlass erreicht. „Das ist mehr als mager.“ Nun sei eigentlich mehr Geld nötig, um Hipic wieder flottzumachen. Nach Information von Weed sei dies aber nicht geplant. Im Gegenteil, das Programm solle auf Druck der reichen Staaten zurückgefahren werden.

Dabei sieht Wahl den Grund für die geringe Erfolgsquote darin, dass eine Schuldenreduktion nur gegen Erfüllung von Auflagen zu haben sei. Die ursprünglich angestrebte Beteiligung der Bevölkerung in den betroffenen Staaten sei nicht gesetzt worden. Von Selbstständigkeit könne keine Rede sein. Weltbank und IWF würden entscheiden, ob ein Programmvorschlag angemessen sei, die Länder würden lediglich über die Reihenfolge von Deregulierung und Privatisierung mitentscheiden.

Diese „Strukturanpassungspolitik“, die auch die Liberalisierung im Handels- und Finanzsektor vorsehe, gehe oft zu Lasten der einheimischen Produktion. Auch das „Netzwerk zur Untersuchung der Strukturanpassungspolitik“ (Saprin) hat in dieser Woche eine Studie über die Auswirkungen der IWF-Auflagen in den einzelnen Ländern vorgelegt. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Strukturanpassungspolitik als Hauptursache zur weiteren Verarmung und sozialen Ungerechtigkeit in den betreffenden Ländern beigetragen habe. Betroffen seien vor allem kleinere und mittlere Unternehmen. Zudem hätten sich in den armen Ländern die Arbeitsbedingungen verschärft und Kinderarbeit zugenommen. Die restriktive öffentliche Ausgabenpolitik infolge der Weltbankprogramme habe die Qualität des Bildungs- und Gesundheitssektors verschlechtert. „Strukturanpassungen“ in der Landwirtschaft und im Bergbau marginalisierten die ländliche Bevölkerung und erhöhten die Nahrungsunsicherheit. Die Liberalisierung im Finanzsektor habe zudem „produktive Investitionen“ blockiert. STEP