Die Rückkehr des Ernst Huberty

Weil Sat.1 die Champions League von RTL übernimmt, fällt die Fußball-Bundesliga jetzt wohl den Öffentlich-Rechtlichen in den Schoß

BERLIN taz ■ So ganz ohne Spitze wollte man sich bei RTL dann doch nicht von der Champions League verabschieden: „Was allerdings zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass eine Sendergruppe, die vom Insolvenzverwalter geführt wird, mehr zu zahlen bereit war als wir“, grantelte Sender-Vizechef Hans Mahr.

Schwamm drüber, die vermeintlich „europäische Königsklasse“ (Sat.1-Geschäftsführer Martin Hoffmann) in Sachen TV-Fußball, die RTL gar nicht mehr haben wollte, läuft ab sofort im Free-TV auf Sat.1. Die Pay-TV-Rechte bleiben bei Premiere. Und auch wenn sich jeder bisher um ein klares Bekenntnis herumdrückt, bedeutet dies im Umkehrschluss: Die Bundesliga kann sich schon mal ein ARD-Logo aufs Trikot nageln.

Zwar verhandelt die ProSiebenSat.1 AG nach eigenen Angaben weiterhin auch um diese TV-Rechte. Doch dass nimmt seit Mittwochabend niemand mehr sonderlich ernst. Für die Liga wird es damit eng: Die bisher 80 Millionen Euro pro Saison mochte Sat.1 zu Recht nicht mehr zahlen, von 50 bis 60 Millionen war zuletzt immerhin noch die Rede. Ab sofort verhandelt das öffentlich-rechtliche Fernsehen allein um die Rückkehr der verlorenen Söhne, und der jetzt mögliche „Friss oder stirb“-Ansatz dürfte sich auf die Dackelfalten im Gesicht von Ligachef Winfried Straub so auswirken, dass ihn demnächst mancher gleich mit der „Sportschau“-Legende Ernst Huberty verwechselt. Der wiederum kann bald seinen Nebenjob bei „ran“ an den Nagel hängen, wo er bisher die Reporterschar trainierte.

Ob der aktuelle Champions-League-Deal für Sat.1 Sinn macht, wird derweil allerorts bezweifelt: „Mit der Champions League kann auch in Zukunft kein Sender auf eine schwarze Null kommen“, prognostiziert Gerd Zeiler, doch der oberste RTL-Mann ist notwendigerweise Partei. Außerdem, wird man vom Sitz der ProSiebenSat.1-Senderfamilie nicht müde zu beteuern, hätten sich die Modalitäten für die Free-TV-Übetragung ja deutlich zum Guten verändert: Wo RTL noch auf den Mittwoch als Sendetermin festgelegt war (die Champions-League-Runde dauert insgesamt 13 Wochen, gespielt wird jeweils dienstags und mittwochs) und sogar teilweise auf die Ausstrahlung wenig quotenträchtiger Paarungen verzichtete, kann sich Sat.1 das Match der Woche frei auswählen. 85 Millionen Euro soll sich die Senderfamilie der untergegangenen Kirchgruppe den Spaß für die nächsten drei Jahre Kosten lassen – darin enthalten sind 13 Live-Spiele jährlich sowie 30 Highlight-Magazine. Die würden „unter der Woche durch Beiträge und Interviews rund um die Uefa Champions League ergänzt“ und dann am Wochenende ausgestrahlt. Ein Sendeplatz für solch sportlichen Hochgenuss dürfte leicht zu finden sein: Da, wo früher „ran“ lief. STG