„Das Ideal wäre ein selbstironischer Katholik“

„Joachim, mir graut‘s vor dir“ ist ein kritisches Buch über Humor in und über die katholische Kirche. Warum der Kölner Kardinal Meisner darin eine zentrale Rolle spielt, erzählt der Autor Hans Conrad Zander im Gespräch mit der taz

taz: Herr Zander, warum graut Ihnen vor Kardinal Meisner?Hans Conrad Zander: Vor allem missfällt mir sein Humor. Er ist schlagfertig, aber auch erschlagend. Seine Witze sind gezielte Taktlosigkeiten.

Ein Beispiel?

Wenn er Homosexualität mit Grippe gleichsetzt, die man ausschwitzen müsse, gibt er sich volkstümlich, aber damit stopft er, um es mit Luther zu sagen, dem Volk nur das Maul.

Eigentlich müsste Ihnen Meisner gefallen, weil er den Katholizismus nicht den modernen Moden anpassen will...

Es stimmt, Meisner biedert sich nicht an. Er stellt sich. Aber er stellt sich vor das, was von oben kommt.

Was ist Ihrer Meinung nach ein moderner Christ?

Jemand, der nicht die ewige Wahrheit durchsetzen will und nicht das Siegerlachen des Gottes aus dem Alten Testament nachlacht. Das Ideal wäre ein selbstironischer Katholik. Ein moderner Christ sollte akzeptieren, dass die Welt ihn und seine Religiosität komisch findet. Etwa den Zölibat. Oder wie der Apostel Paulus sagt: Wir sind Narren um Christi willen. Diese Rolle nimmt Meisner nicht an.

Deshalb mögen ihn die Kölner nicht?

Souveräne Selbstironie prägt den klassischen religiösen Humor der Kölner. Das ist etwas anderes als Meisners aggressive Witze.

Meisner verhindern konnten die Kölner nicht...

In der Antike wurden die katholischen Bischöfe demokratisch vom Volk gewählt. Das war besser. Uns Schweizern ist es kürzlich gelungen, den schweizerischen Meisner, Bischof Haas in Chur, nach Liechtenstein zu vertreiben. Wir haben ihm halt das Geld weggenommen. Das deutsche Kirchensteuersystem lässt das leider nicht zu. Und die kölsche Mentalität „Es ist noch immer gut gegangen“ ist für Widerstand auch nicht sehr hilfreich.

Meisner sitzt also fest im Sattel?

Das ist ein machtpolitisches Meisterstück. Dazu muss man wissen, dass er sich nicht in alles einmischt. Trotzdem herrscht unter seinen Untergebenen Angst vor ihm. Widerspruch und Widerstand dürften erst kommen, wenn dieMcKinsey-Untersuchung zur Rationalisierung des Bistums vorliegt.

INTERVIEW: JÜRGEN SCHÖN

Hans Conrad Zander: „Joachim, mir graut‘s vor dir – Von der unwiderstehlichen Komik der Religion“. Kiepenheuer & Witsch, 17,90 Euro. Am Sonntag, 25. April, 12 Uhr, stellt Hans Conrad Zander sein Buch im Buchladen „Neusser Str. 193“ vor.