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: Destillation 2010

Der Kabarettist HEINRICH PACHL hat links seinen festen Platz

„Köln wird 2010 die kinder- und jugendfreundlichste Stadt Europa sein. Wir leben das. Wir wollen das.“ Toller Text. Stammt aus dem Stück „Destination 2010 Generation 2010“. Die Aufführung findet derzeit im Kölner Ohnesorg-Theater statt. Alles, was heute sorgenvoll gekürzt wird, trägt in sechs Jahren sorgenfreie Früchte. Einer der Verfasser heißt Franz Xaver, spielt selbst mit und ist vital daran interessiert, dass das klappt, also 2010.

Bis dahin vergehen allerdings noch sechs Jahre. Also muss es heute so aussehen, dass das dann klappt, denn sonst klappt die Bewerbung zur Kulturhauptstadt nicht, und das Kölner Ohnesorg-Theater müsste dicht machen. Und wie sieht es heute kulturell für die Kölner Kinder aus? Nicht gut. Weil Geld für die kulturelle Betreuung der Kölner Kinder fehlt. Wenn man die Gelder für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt jetzt schon in Kinderkultur stecken würde, sähe es weit besser aus, aber da muss gespart werden, weil man Geld für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt braucht.

Bei den Horten werden dieses Jahr 1600 Plätze = zwei Mio eingespart. Das steigert sich, bis 2007 alle Horte weg sind = neun Mio per anno Einsparung. Aus solchen Gründen bin ich skeptisch gegenüber der Köln-Bewerbung und habe mit anderen empfohlen: Nehmt doch lieber Münster, dann kann jetzt schon mehr auch in die Kölner Kinderkultur gesteckt werden.

Da gab‘s barsche Kritik. Man sei ahnungslos und ginge stramm auf die Rente zu. Eine argumentative Verkettung, die Logik suggeriert und Schwachsinn verrät. Dann lieber senil als debil. Am Alter kann ich nicht viel ändern, doch Wissen kann man wollen. Mittwoch habe ich eine Veranstaltung zur kulturellen Zukunft Kölner Kinder moderiert. Stichwort „Ganztagsschule“. Die Details sind kompliziert, dafür ist das Prinzip primitiv: bessere pädagogisch-kulturelle Ganztagesbetreuung für mehr Kinder mit weniger Geld in mehr Räumen, die es teilweise noch gar nicht gibt.

Das klappt, wenn man dran glaubt. Dafür bin ich zu alt, aber es geht auch um die Jugend. Die Kinder müssen dran glauben. Köln, die einzige Stadt Europas, in der man spricht, was man trinkt, und trinkt, was man spricht und umgekehrt: Kölsch. Und an seinen eigenen Parolen so besäuft, dass man hinterher nicht mehr wissen muss, wie man sich versprochen hat: Destillation 2010.