Neonazis vor Gericht

Wegen Bildung einer bewaffneten Gruppe erhebt Staatsanwaltschaft endlich Anklage gegen drei Männer

schwerin taz ■ Mehr als ein Jahr nach der Anzeige erhebt die Staatsanwaltschaft Schwerin doch noch Anklage gegen eine Wehrsportgruppe. Vor dem Amtsgericht Grevesmühlen reichte sie Klage gegen den regionalen Neonazi Sven K. und zwei weitere Männer wegen „Bildung einer bewaffneten Gruppe“ ein. In einem Wald bei der Ortschaft Jamel zwischen Lübeck und Wismar sollen die Angeklagten im Alter von 21 bis 29 Jahren gemeinsam mit drei anderen Kameraden „paramilitärische Übungen“ durchgeführt haben.

Im Mai vorigen Jahres, zwei Monate nach Eingang einer anonymen Anzeige, durchsuchte die Polizei den Jamelner Forst und fand mehrere Patronenhülsen, einen Schützengraben und ein Schild mit der Aufschrift „Vorsicht Schusswaffengebrauch“. Auf dem Anwesen der Familie K. stießen die Beamten auf Luftdruckwaffen, Schreckschusspistolen und weitere militärische Ausrüstungsgegenstände sowie auf einen DDR-Militär-LKW und einen Jeep, „verziert“ mit Tarnanstrich und Symbolen der Wehrmacht (taz berichtete).

Der Bürgermeister der Gemeinde, Fritz Kalf (SPD), hatte die Behörden zuvor schon mehrfach gewarnt. Bereits 1992 schützte er eine Familie im Ort mit der Schrotflinte in der Hand vor einem Angriff von Neonazis, die im Nachbarhaus Adolf Hitlers Geburtstag feierten. Mehrere Einwohner wurden bedroht, das von einer aus Westdeutschland zugezogenen Familie frisch erworbene Haus ging in Flammen auf. Aber erst als Kalf sich voriges Jahr an die Presse wandte, beschleunigte die Polizei die Ermittlungen.

Dabei ist K. den Behörden nicht unbekannt. Wegen „rechtsextremistischer Gewalttaten“ ist er vorbestraft, weil er unter anderem 1997 zusammen mit 30 Neonazis eine Kindergruppe auf einem Campingplatz im nahegelegenen Leisten angegriffen hatte. Wegen eines Einbruchdiebstahls sitzt er zur Zeit in Untersuchungshaft. Andreas Speit