Windkraft aus zweiter Hand

68 Windkraftanlagen wurden im vergangenen Jahr abgebaut und durch leistungsstärkere ersetzt. Diese Zahl steigt rapide. Damit wächst auch der Markt für gebrauchte Windkraftwerke

VON BERNWARD JANZING

Windkraftanlagen von 1990 gelten heute als alt. Nicht etwa, weil sie schon verschlissen seien, sondern weil aktuelle Serienanlagen locker die zehnfache Leistung bringen. Das verleitet Anlagenbetreiber zunehmend dazu, an guten Standorten Altanlagen durch neue zu ersetzen – „Repowering“ nennt das die Branche. Damit entwickelt sich ein Markt für gebrauchte Windturbinen.

Bisher steht dieser noch am Anfang. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland nach Erhebungen des Deutschen Windenergie-Instituts 68 Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 30 Megawatt zugunsten neuer Maschinen abgebaut.

In diesem Jahr könnten es schon einige hundert Gebrauchtanlagen sein, die auf den Markt kommen. Zumal mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zum 1. April 2004 für viele Altanlagen an guten Standorten die Einspeisevergütung deutlich reduziert wurde – ein massiver Anreiz also, die Anlagen durch größere Maschinen zu ersetzen, die dann als Neuanlagen wieder für mindestens fünf Jahre die höhere Vergütung bekommen. „Ab 2005 ist ein Markt von jährlich 1.000 Altanlagen realistisch“, schätzt Martin Tschierschke, Geschäftsführer der Smart Dolphin GmbH, die im Internet eine Handelsplattform für Gebrauchtanlagen eingerichtet hat. Norbert Lührs, Repowering-Experte der Firma L & L Rotorservice, sieht das ähnlich: „Der Markt bereitet sich gerade vor.“ Und deswegen hat die Firma aus dem niedersächsischen Basdahl, die sich mit Dienstleistungen rund um die Windkraft einen Namen gemacht hat, in diesem Markt längst einen Fuß in der Tür: L & L Rotorservice kauft heute bereits regelmäßig Altanlagen auf, überarbeitet sie und verkauft sie weiter. Annähernd 200 Anlagen habe man derzeit im Angebot, sagt Lührs, zumeist für etwa 25 bis 35 Prozent des Neupreises. Die Leistung liegt in der Regel unter 600 Kilowatt, doch tauchen schon erste Megawattanlagen auf.

Wer sind die Käufer? Der Bundesverband Windenergie rechnet in Zukunft mit zwei Arten von Gebrauchtmärkten: Zum einen im Ausland, besonders in jenen Ländern, die sich keine neuen Produkte leisten können. Der zweite Markt liege bei Betreibern von Altanlagen vorwiegend in Deutschland, die eine Maschine als Ersatzteillager suchen. Jene wird man vor allem dort finden, wo der Weg des Repowering verbaut ist: Da Baugenehmigungen anlagenspezifisch erteilt werden, haben es die Genehmigungsbehörden in der Hand, ob alte Windräder durch neue ersetzt werden können. Stellen die Behörden sich quer, bleibt dem Betreiber oft nur die Möglichkeit, die alte Anlage so lange wie möglich zu erhalten. Weil aber für die Baureihen aus den späten 80er- und frühen 90er-Jahren oft keine Ersatzteile mehr produziert werden, geht das mitunter nur mit Gebrauchtteilen.

Deswegen haben auch die Herstellerfirmen den Secondhand-Handel längst im Blick. „Das ist zwar noch kein Markt für uns“, sagt Ralf Peters von der Firma Nordex, „doch wir hoffen, dass er sich entwickelt.“

Entsprechend dürftig sind noch die Daten, die zum Gebrauchtanlagenmarkt von den Herstellern erhältlich sind. Eine erste Übersicht über den Repowering-Markt hat das Institut für Elektrische Energietechnik der TU Clausthal erstellt. Darin werden die Preisstrukturen auf dem Secondhand-Markt analysiert und Prognosen zum Marktumfang abgegeben. Auch die technischen Rahmenbedingungen für den Einsatz gebrauchter Anlagen in Ländern Afrikas und Südostasiens wurde von den Wissenschaftlern untersucht. „Unser Ziel war es, einen Leitfaden zu schaffen für jemanden, der eine Anlage an einem anderem Standort wieder aufbauen will“, sagt Carsten Ropeter, Wissenschaftler an der TU Clausthal, und Betreuer der Studie.

Nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler werde es alleine in der Leistungsklasse 150 bis 600 Kilowatt in den nächsten zehn Jahren bis zu 1.200 Anlagen zu kaufen geben. Die Spitze werde in dieser Größenklasse in das Jahr 2008 fallen, ehe dann zunehmend noch größere Anlagen in den Handel kommen. Die Verkaufspreise liegen nach den Erhebungen bei etwa 50 Prozent des Neupreises nach sechs Jahren und bei 25 Prozent nach zehn Jahren. Das Ziel, nach dem Vorbild des Gebrauchtautohandels eine Art „Schwacke-Liste“ für gebrauchte Windkraftanlagen zu erstellen, konnte jedoch noch nicht umgesetzt werden – dazu ist der Markt noch zu klein.

Zudem gibt es bisher kaum wirkliche Marktpreise für Gebrauchtanlagen, sondern nur Anbieterpreise. „Der Anlagenbetreiber kalkuliert, was er für seine Maschine bekommen muss, damit sich das Repowering lohnt“, sagt Martin Tschierschke von Smart Dolphin. Wenn er diesen Preis am Markt nicht erzielt, wird er ihn trotzdem nicht senken: „Dann bleibt die Anlage eben stehen und läuft weiter.“

L & L Rotorservice, www.repowering_online.de;Handelsplattform für Gebrauchtanlagen, www.windmesse.de