Bedauern ja – zahlen nein

Bundesgerichtshof verhandelt Klage wegen SS-Massakern im griechischen Distomo

KARLSRUHE taz ■ Die Bundesregierung „bedauert“ die „brutalen SS-Massaker“ in Griechenland, will aber den Hinterbliebenen keinen Schadenersatz zahlen. Dies erklärte ihr Rechtsvertreter Achim Krämer gestern vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Geklagt hatten der heute in Zürich lebende 63-jährige Wissenschaftler Argyris Sfountouris und seine drei Schwestern, die noch im griechischen Dorf Distomo leben. Dort hatte die SS 1944 im Rahmen einer „Sühneaktion“ 12 Partisanen und (je nach Quelle) 218 oder rund 300 unbeteiligte Dorfbewohner erschossen, darunter Sfountouris’ Eltern.

Unbestritten ist, dass die Massenerschießung nach der Haager Landkriegsordnung ein Verbrechen darstellt; fraglich ist nur, ob die Nachfahren der Opfer selbst Ansprüche gegen Deutschland einklagen können. Klägeranwalt Joachim Kummer hält die traditionelle Sicht, wonach nur der griechische Staat solche Ansprüche geltend machen könne, für überholt. Sein Kontrahent Krämer warnt: „Wenn solche Individualklagen zulässig werden, dann verklagen bald die Nachkommen der in Dresden Getöteten die britische Regierung wegen ihrer Bombardements.“ Doch Kummer beruft sich nicht nur auf völkerrechtliche Ansprüche, er hält auch die „Amtshaftung“ des deutschen Zivilrechts für gegeben. Nach herrschender Auffassung gilt diese zwar nicht für „Kriegsschäden“, allerdings habe es sich beim Distomo-Massaker, so Kummer, um eine „Polizeiaktion“ im Rahmen der „Verwaltung“ besetzter Gebiete gehandelt. Der BGH wird sein Urteil am 26. Juni verkünden. CHR

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