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: Geschenke, die atmen

Hoffentlich! Hoffentlich hat an Weihnachten jedes Kind das gekriegt, was es wirklich haben wollte. Das ist nämlich leider nicht immer der Fall. Es gibt Wünsche, bei denen zieren sich die Eltern unglaublich. Das sind in der Regel die Das-tun-wir-uns-nicht-an-Wünsche. Man kann sie in zwei Klassen unterteilen: Klasse eins besteht aus Computerspielen und DVDs. Letztere wünschen Kinder sich vorzugsweise im Paket – 21 Stunden „Supernatural“ zum Beispiel. Dann gibt es noch die Ach-ist-der-nicht-süß-Kategorie. Darunter fallen alle Geschenke, die atmen: Hunde, Katzen, Hamster, Fische etc. Atmende Geschenke sind für Eltern der Horror, denn die Folgekosten betragen ein Vielfaches des Anschaffungspreises. Noch schwerer wiegt, dass man sie zur Not nicht einfach zum Sperrmüll tragen oder in die Tonne treten kann. Auch weiterverschenken gelingt selten. Diese Geschenke muss man behalten – ist das nicht furchtbar?

Eltern haben deshalb tausend Tricks erfunden, um sich vor lebenden Geschenken zu drücken. Aber manchmal geschehen Wunder. „Papa, ich will einen Hund! / Du kriegst einen Zierfisch, und Ruhe ist am Biertisch. / Ich will aber einen … / Weißt du überhaupt, wie viele Hunderassen es gibt? / Dreihundertzehn! / Oha! Na, dann such dir mal einen aus?“ Das mit dem Aussuchen ist schwieriger als gedacht. Welche Kriterien soll man zugrunde legen? „Kein Schuss verwirrt den Weimaran / Neufundländer fahrn nicht gerne Bahn / Der Pinscher sich verwöhnen lässt / mitunter beißt der Mastino sich fest“. Man sieht spitze Zähne und einen wütenden Hundeblick, ein eng umschlungen tanzendes Paar und – na ja, das Ende ihres Tanzvergnügens natürlich. Reimend deklinieren Eva Muggenthaler und Ernst Kahl die Hunderassen durch – fernab der Realität und doch mittendrin in der schwungvollen Mensch-Tier-Dynamik. „Stöckchen apportiert der Beagle / Dingos hassen Schokoriegel / Schoßhunde werden mit Liebe gekrault / der Walkerhound den Mond anjault“.

Auch die kleine Lenka wünscht sich etwas Lebendes, auch ihre Eltern sind dagegen. Lenka ist ein schwarzes Hundemädchen. „Jeden Tag lag Lenka ihrer Mutter und ihrem Vater in den Ohren: ‚Könnten wir uns nicht einen Menschen zulegen?‘ Aber ihr Vater sagte streng: ‚Kleine Mädchen schreien nur und bringen nichts als Unordnung in die Hütte. So was können wir bei uns nicht brauchen.‘ Ihre Mutter war derselben Meinung. … Lenkas Vater behauptete sogar, er sei allergisch gegen Menschen.“

Kommt das jemandem bekannt vor? Genau. Hunde sind auch keine besseren Menschen. Doch am Ende knicken auch sie vor dem Gebettel ihres Nachwuchses ein. Und so entspinnt sich die wunderbare Geschichte vom kleinen Hund, der unbedingt ein Mädchen haben wollte und es auch bekommt. Menschenmädchen aber sind furchtbar schwer zu erziehen. „Sie können unausstehliche Menschen ins Haus lassen, wertvolle Essensreste auf den Kompost werfen und zu jeder Zeit unangemeldet den Staubsauger in Betrieb nehmen.“ Menschen machen unglaubliche Scherereien, aber am Ende wird alles gut. Der Mensch wird der beste Freund des Hundes. Oder ist der Hund der beste Freund des Menschen? Egal. Hauptsache, alle kommen glücklich ins neue Jahr.

ANGELIKA OHLAND

Ernst Kahl, Eva Muggenthaler: „Papa, ich will einen Hund!“ Kein & Aber, Zürich 2008, 96 Seiten, 16,90 Euro Sari Peltoniemi: „Der kleine Hund, der unbedingt ein Mädchen haben wolle“. Nagel & Kimche, Zürich 2008, 96 Seiten, 9,90 Euro