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: Emma, Billie und die Rosenbergs

Die werden es nicht glauben, aber auch ein Radio sucht immer gerne neue Herausforderungen. Ich jedenfalls stehe besonders auf Programme, bei denen ich noch etwas lernen kann. Wie zum Beispiel beim Feature „Strange Fruit“. Oder wussten Sie etwa, was die Jazzsängerin Billie Holiday mit Ethel und Julius Rosenberg zu tun hatte, das jüdisch-kommunistisch-amerikanische Ehepaar, das 1953 wegen Atomspionage hingerichtet wurde? Na also. So ganz eindeutig ist dieser Zusammenhang auch nicht, zugegeben. Aber schließlich wurden die Söhne der Rosenbergs von Abel Meeropol adoptiert. Und dieser ist der Komponist des Liedes „Strange Fruit“, das Billie Holiday ein Leben lang begleiten wird. Ein Lied über die „seltsame Frucht“, die an einem Baum hängt – ein Schwarzer nach einem Lynchmord. Anlass genug für J. Monika Walther und Vibeke Peusch, ein knapp einstündiges Feature über „Billie Holiday, die Rosenbergs und den amerikanischen Traum“ zu machen. Das ziemlich prall gefüllt daherkommt. Kein Wunder: Schließlich ist das Schicksal der Rosenbergs, deren Agententätigkeit von Ethels Bruder verraten wurde, schon eine tragisch-spannende Geschichte für sich. Verbunden mit Eckdaten aus dem wilden Leben der Holiday, die alkohol- und drogenabhängig war und im Alter von 44 Jahren starb, ist das Feature teilweise etwas überladen. Aber immer spannend. (Mi, 19.05 Uhr, Deutschlandradio Berlin)

 Während sich die Erwachsenen also am Mittwoch diesen Rückblick in die 50er-Jahre gönnen, können die Kinder am Samstag schon etwas nach hinten schauen. Besser gesagt: auf die Rückwärts-Insel gehen. („Emma oder: Begegnung auf der Rückwärts-Insel“, 14.05 Uhr, SWR 2) Hier laufen die Menschen alle rückwärts, und auch sonst ist auf der kleinen Insel einiges komisch. Zumindest für Emma, die sich nach einem Flugzeugabsturz auf das Eiland gerettet hat. Ihre Mutter, die auf Bali an einer Reportage arbeitet, ist fest davon überzeugt, dass Emma noch lebt. Und so entspinnt sich ein Dialog zwischen den beiden: Emma erzählt von der wilden Insel, ihre Mutter schreibt ihr Briefe aus Bali.

 Ich, als lebenserfahrenes Radio, frage mich da doch sofort: Ist die seltsame Insel vielleicht gar nicht von dieser Welt? Und ist Emma beim Absturz doch ums Leben gekommen? Möglicherweise ist das die Art, wie ein Erwachsener das Hörspiel interpretiert. Aber auch ein Kind wird begreifen, dass es hier nicht primär um den Papagei und die Palme geht. Immerhin sagt Emma deutlich: „Es gibt so viele Dinge auf der Welt, die ich nicht verstehe.“VERONA VON BLAUPUNKT