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urdrüs wahre kolumneCuba si!

Das Neue Jahr beginnt mit dem wirtschaftlichen Aus für die Strandkorbfabrik in Mecklenburg-Vorpommern, auf deren Mobiliar sich noch im vergangenen Jahr die Teilnehmer des G 8-Gipfels lümmelten.Vermutlich hat man sich in der Werbewirksamkeit dieser Aktion erheblich verschätzt und die ganz normalen Menschen wollen sich gar nicht so herumfläzen wie die Herren und Damen von Welt auf den Türmen von Babylon!

Ungemütlich und kalt ist es und da macht sich selbst die Nordausgabe von Springers Welt Gedanken um den Gemütszustand der kommunistischen Landtagsabgeordneten Christel Wegner, da diese angeblich viel lieber in Kuba ihren Ruhestand genießen würde, statt ihrem Klassenauftrag in Hannover gerecht zu werden. In dieser verzwickten Situation erwarte ich aber wenigstens vom führenden Links-Genossen Manfred Sohn, dass er die aus der Fraktion ausgeschlossene Solistin mit etwas mehr menschlicher Wärme bedenkt, als mit einem kaltschnäuzigen Sprüchlein wie „Wir grüßen uns nett, aber es gibt keine Zusammenarbeit.“ Sollte es nicht wenigstens für gemeinsame Skatabende zugunsten von „Milch für die Kinder Kubas“ reichen? Man wage doch auch hier den zweiten Anlauf?

Irgendwie ist es doch nicht ganz gleichgültig, in welchen Farben sich Polizisten kleiden. Der grüne Büttel, der marinefarbene Schupo im milden Blau des Jugendverbands – sie standen beide noch in der Tradition des Wachtmeisters aus dem Puppentheater, der als etwas depperter Holzkopp agierte, wenn es darum ging, Gretel vor dem Krokodil zu retten. Der jetzt verordnete Uniformstoff aber ist so tiefblau, dass er schon schwarz wirkt – und dass es niemand politisch an- und auszusprechen wagt, für welche Historie diese Todesfetzen stehen, zeugt von einer höchst unappetitlichen Ziererei! Wobei das Ganze bei Kappenzwang mit Metallkordel schon wieder sehr geil darkroom-mäßig käme: „SM-Buddies unterm Lattenkreuz“.

Weil wir auch 83-jährige Intensivtäter ernst nehmen, warnen wir vor dem Hamburger Altöl-Unternehmer Horst Fuhse, der seine Gefährlichkeit dadurch belegt, dass er immer wieder vor Gericht zieht „gegen sinnlose Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn“. In seinem Menschenrecht auf Raserei sieht sich der unwürdige Greis selbst noch bei einem Tempolimit von 120 km/h beschwert und da bitten wir dann doch den öberschten Lenker aller unserer Wege, ihm das Steuerrad rechtzeitig aus der Hand zu nehmen, bevor Schlimmeres passiert! Aber bitte sanft – so viel Nachsicht muss sein.

Am gut versteckten schwarzen Brett im bremischen Walle-Center lesen wir noch kurz vor Jahreswechsel dieses Angebot: „Gebe Reiki oder Einführung in die Vollwertküche für Singles. Suche dafür Hilfe bei Reparatur der Waschmaschine.“ Dies ermuntert mich, einen Grundkurs in grobstofflicher Polemik anzubieten oder auch eine Einführung in den Dialektischen Materialismus. Gern gegen praktische Unterstützung bei anstehender Balkon- und Fassadenrenovierung. Und aus „Niemals nicht“ wird: morgen schon! Spikes an den Schuhen sind zwar irgendwie lächerlich, aber effektiv, behauptet angesichts der Schlüpfrigkeiten dieser Tage vertrauensvoll ULRICH „GROUCHO“ REINEKING

ULRICH REINEKING, Journalist und Kabarettist, wünscht sich mehr Wärme für kommunistische Landtagsabgeordnete.

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