Kampf der Welten

Hannover 96 verliert in der Bundesliga gegen den VfB Stuttgart zwar nur 0:1, ist aber von der Spielweise den Schwaben eindeutig unterlegen

von Dietrich zur Nedden

0:1 – ein Ergebnis, das man eine knappe Niederlage nennt, ein einziges Tor, das der VfB Stuttgart schoss. Und es war nicht etwa so, dass Hannover keine Chance gehabt hätte, seinerseits eines oder zwei zu erzielen. Aber von der Tribüne aus konnte man sich des hartnäckigen, wenn auch überdimensionierten Gefühls nicht erwehren, als ob Welten zwischen Gastgeber Hannover 96 und den Schwaben lagen.

Der jeweilige Tabellenstand mag Ursache oder Folge dessen sein, jedenfalls ist es das System, die Spielweise, die den Unterschied macht. Beim selbstbewussten Stuttgarter Champions-League-Aspiranten, der auf Hleb und Hinkel verzichten musste, ein auf Variabilität, Beweglichkeit und Präzision basierender Kombinationsfußball, der an diesem Tag nicht einmal brillant inszeniert und überwiegend defensiv ausgerichtet war. Schematisch und phantasielos über die Außen dagegen wirkte Hannovers Methode: Selten, dass ein Spielzug über zwei oder drei Stationen hinaus reibungslos ablief.

Eine unbeholfene Theorie-Debatte hätte die Praxis allerdings gleich nach neun Minuten gestoppt, hätte Schiedsrichter Trautmann das Foul des Stuttgarters Meira an Brdaric mit Elfmeter geahndet. Dass dies kein empörender Fehler gewesen wäre, legten später die Fernsehbilder nahe. Aber will wirklich jemand Woche für Woche stundenlang in Zeitlupe über Situationen wie diese lamentieren?

Eine Minute danach der Treffer des Tages, als Stuttgarts Meißner, von Cacau bedient, den Ball direkt unter die Latte knallte und der hinter die Linie und dann zurück ins Feld sprang. Eine Wembley-Diskussion unterband der Linienrichter zu Recht durch strikte Zeichen der Gewissheit.

Nun war Hannover gezwungen, seine Bestrebungen zu intensivieren, und doch schien es, als mangele es vor allem im Zentrum an gestalterischer Kraft, an einem Mann wie Krupnikovic, der an guten Tagen in der Lage ist, solche zu aktivieren. Ihn hatte 96-Trainer Ewald Lienen nicht einmal für die Bank nominiert. Da saß But, dem diese Fähigkeit ebenfalls nachgesagt wird. Statt seiner wechselte Lienen nacheinander Idrissou, Schröter und Stendel ein. Redlich mühten sie sich wie ihre Mannschaftskollegen auch, aber es reichte nicht zu Zwingendem.

Nachher beruhigte Magath die nordischen Lokaljournalisten: „Die drei, vier Punkte, die macht ihr noch. Dann seid ihr weiter drin und dann geht's weiter.“ In der Tat sieht es danach aus – was für fünf Spiele hintereinander ohne Niederlage gut war, kann ja nicht plötzlich schlecht sein. Stellt sich dennoch die romantische Frage, sollte sich anschließend an der Spielanlage der 96er nichts ändern: Klassenerhalt, gut und schön. Aber zu welchem Preis?