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Archiv-Artikel

Demütigung verweigert

Die Ausstellung „Viermal Leben“ gedenkt Sophie Jansens, Almas del Banco, Ida Dehmels und Julius Aschs, die der Deportation durch Selbsttötung zuvorkamen

Vier verschiedene Lebenswelten stellen die KuratorInnen Petra Bopp, Hannes Heer und Peter Schmidt in der Ausstellung Viermal Leben, die derzeit im Gemeindesaal der Blankeneser Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde gezeigt wird, vor. Was die Autorin Sophie Jansen, die Malerin Alma del Banco, die Frauenrechtlerin Ida Dehmel und den Kaufmann Julius Asch verband: Sie lebten in Blankenese, sie waren Juden, und sie wählten die Selbsttötung. Als sie ihre physische Vernichtung ahnten, wollten sie ihr weiteres Schicksal selbst bestimmen. Am 2. Januar 1939 stieg Asch in die Elbe, am 17. Juni 1942 drehte Jansen den Gasherd auf, am 29. September 1942 vergiftete sich Dehmel mit Tabletten, und am 7. März 1943 nahm del Banco eine Überdosis Morphin. „Sie haben sich verweigert“, betont der Historiker Heer: „Mit ihrem Selbstmord entzogen sie sich der Verfolgung. Sie starben nicht in fernen Vernichtungslagern, sie starben unter uns.“

Vielleicht löst dieses Faktum bei den Besuchern der Ausstellung, die der Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese gemeinsam mit der Kirchengemeinde initiierte, das so intensive Erinnern aus. In vier nachgebauten Häusern zeigen Fotos, Briefe und Akten Leidenswege auf: Die Hamburger Oberfinanzdirektion beraubte Asch seines Vermögens, die Blankeneser Vereine schlossen Jansen aus, alle Künstlerverbände warfen del Banco hinaus, und die literarische Szene mied Ida Dehmel. Nachdem Asch das Exil verweigert worden war und Jansen, del Banco und Dehmel den Deportationsbescheid bekommen hatten, beschlossen sie, sich umzubringen.

Doch sie waren nicht die Einzigen: Die Selbsttötung jener, die sich nicht demütigen und deportieren lassen wollten, habe in vier Schüben stattgefunden, so Ralph Giordano bei der Eröffnung: Nach dem Boykott jüdischer Geschäfte im April 1933, nach der Annexion Österreichs vom März 1938, nach der Reichspogromnacht und während der Deportationsphase zwischen Oktober 1941 bis Februar 1945.

Etliche Blätter im Gedenkbuch der Ausstellung, in dem die Namen von 100 Blankeneser Juden verzeichnet sind, tragen zudem den Vermerk „Schicksal unbekannt“. Die Geschichte der Juden in dem Nobelstadtteil sei noch nicht aufgearbeitet, weiß Peter Schmidt. Mit der Ausstellung soll das Erinnern nicht beendet sein. Viermal leben ist mehr als nur ein nachhaltiger Anfang. Andreas Speit

Mo–Fr 9–12, 15–20 Uhr, Sa/So 11–18 Uhr, Mühlenberger Weg 64 a; bis 18.5.