Übern Boulevard auf die Piste

Stadtplanungsstudierende suchen Lösungen für Spielbudenplatz: Bei unvereinbaren Interessen hilft nur eine Mauer. Planung mit breiter Beteiligung vorgeschlagen

Die „Luden“ haben konsequent gedacht: Wenn der Spielbudenplatz den unvereinbaren Interessen von St. Paulianern, Hamburgern und Pinnebergern gerecht werden soll, dann muss man die Angebote für diese drei Gruppen voneinander trennen – am besten durch eine Mauer. Die Gestalt dieser Mauer hat bei der Präsentation der Ergebnisse der fünften Stadtwerkstatt, eines interdisziplinären Studierenden-Workshops auf dem Feld der Stadt- und Raumplanung, für Furore gesorgt. Bei den von Studierenden organisierten Workshops geht es darum, frisch erworbenes Fachwissen auf aktuelle Planungsprobleme anzuwenden.

Die StudentInnengruppe der „Luden“ schlugen eine semitransparente Spiegelwand zwischen Reeperbahn und Spielbudenplatz vor. In ihr sollten sich die Fassaden der Sexshops und Spielhöllen der Nordseite spiegeln und somit einen geschlossenen Straßenzug vortäuschen. Vom Platz aus sollte man dagegen das Treiben auf dem Boulevard beobachten können, ohne dabei vom Lärm und Schmutz der Straße gestört zu werden. Der Vorschlag passe perfekt zu St. Pauli, lobte ein Zuhörer. „Die Davidwache sieht die Gauner, aber die Gauner sehen die Davidwache nicht.“ Zudem funktioniere er wie eine Peepshow.

Die Situation am Spielbudenplatz beurteilten die sechs aus Geographen, Architekten, Stadt-, und Landschaftsplanern gemischten Arbeitsgruppen ähnlich: Sie verwiesen darauf, dass der Platz nachts belebter sei als tagsüber; auf Lärm, Müll und wildes Pinkeln; und darauf dass sich Nord- und Südseite stark unterscheiden: Auf der Nordseite strömen Autos und Fußgänger hin und her, auf der Südseite sitzen Menschen an Cafétischen. Während die Theater und „Läden“ auf der Südseite von ihrem Image lebten, sei die Nordseite „von Nutzungen geprägt, die nur in ihrer Gesamtheit wirken“, wie ein Mitglied der studentischen Arbeitsgruppe „Leichtmatrosen“ formulierte.

Die „Leichtmatrosen“ glänzten durch eine klare Analyse und das breite Auffächern der Gestaltungsmöglichkleiten: den Platz diagonal durch die Reeperbahn teilen; Reeperbahn verbreitern und den PS-Protzern gerecht werden; Gehsteige verbreitern, um einen echten Boulevard zu erhalten; den Platz tiefer legen oder niedrig bebauen und das Dach begrünen; hoch und schmal bebauen und damit der Reeperbahn eine zweite Kante geben; eine Idylle für die Anwohner schaffen, etwa durch Schrebergärten oder wie bei Park Fiction am Pinnasberg – Vorschläge, wie sie auch von anderen Gruppen ausformuliert wurden.

Die „Leichtmatrosen“ bilanzierten, dass dem Quartier kein Vorschlag aus einem Guss gerecht werden könne, sondern eine gemeinsame Lösung gefunden werden müsse. Die Vorarbeit dazu hat die Stadtwerkstatt getan. Gernot Knödler