Gegen den Abstieg

Das deutsche Eishockey-Team gewinnt seinWM-Auftaktmatch gegen Kasachstan mit 4:2

PRAG taz ■ Hans Zach hat es schon schwer. Da wird der Eishockey-Bundestrainer nach dem 4:2-Sieg im WM-Auftaktspiel gegen Kasachstan doch tatsächlich mit der Frage drangsaliert, warum sich die deutsche Mannschaft gegen den Aufsteiger in die A-Gruppe so schwer getan habe. „Unverschämtheit“, würde der Tölzer wohl am liebsten brüllen und dem Fragenden umgehend an die Gurgel springen, so jedenfalls kennt man ihn. Das tut er dann doch nicht. Stattdessen keift er auf Bayerisch los: „Wir haben gewonnen. Wer erwartet, dass wir Kasachstan an die Wand spielen, der ist im falschen Film.“ Jawoll!

Schnell hebt der Tölzer zu einem Vortrag zu seinem Lieblingsthema an. Auch bei dieser Weltmeisterschaft in Tschechien sei „der Klassenerhalt das oberste Ziel“ der Deutschen – zu realisieren nur, wenn sich seine Mannen auf ihre Primärtugenden besönnen, nämlich: „Kampf, Einstellung und Moral“. Nur so und nicht anders könne sein Team im heutigen zweiten Vorrundenspiel in Prag (16.15 Uhr) auch die Letten niederringen – und sich damit eine gute Ausgangsposition für die Zwischenrunde verschaffen.

Tatsächlich konnte man dem über sehr weite Strecken sehr zähen deutschen Auftaktspiel auch ein paar positive Aspekte abgewinnen, und das sogar jenseits der zachschen Kampfparolen: Erst einmal agierte die DEB-Auswahl diesmal nicht so konfus wie im vergangenen Jahr in Helsinki, als sie beim WM-Auftakt ein mühsames 5:4 gegen wuselige Japaner zustande brachte. Und dann gab es auch noch ein paar Dinge fürs Auge: Da war zum Beispiel das erste Tor durch Eduard Lewandowski. Mit einem verdeckten Handgelenksschuss zirkelte der Stürmer der Kölner Haie den Puck so geschickt an einem Gegenspieler vorbei, dass dem kasachischen Torhüter die Sicht versperrt war – ein wirklich schöner Treffer. Der deutsche NHL-Profi Jochen Hecht von den Buffalo Sabres, dem das zweite Tor gelang, setzte zudem technische Glanzpunkte im Spiel.

So führte der 26-jährige Stürmer vor, wie man mit dem einem Arm einen Gegenspieler zurückhalten, mit dem anderen den Puck rund ums Tor führen kann – und das, ohne ihn zu verlieren. Gefragt, ob ihm die Umstellung vom kleinen NHL- auf das große europäische Eis schwer fiele, antwortete der gebürtige Mannheimer: „Ja, schon. Auch an das System muss ich mich gewöhnen. Das ist nicht so einfach.“ Soll heißen: Hecht ist es nicht mehr gewohnt, den Gegner, wie es das zachsche Defensivkonzept gebietet, mit vier Mann in der neutralen Zone mürbe zu machen. In der NHL wird Forechecking gespielt, aber dort gibt es nun auch lauter Hechte, die dies beherrschen – anders als die Mehrheit der technisch weniger versierten deutschen Kufenflitzer.

Erfolgreich ins Team gefunden hat auch der deutsche NHL-Goalie Olaf Kölzig von den Washington Capitals. Beim 0:4 gegen die USA im letzten Vorbereitungsspiel noch unsicher, hielt der 34-Jährige diesmal sehr gut – und gab interessante Dinge von sich. „Ich war diesmal richtig angespannt. Das muss auch so sein. Denn sonst schlafe ich auf dem Eis ein“, sagte Kölzig, der zuvor 1997 in Finnland drei WM-Spiele für Deutschland absolviert und alle drei verloren hatte.

Zach hat unterdessen den nächsten Gegner analysiert. Das Ergebnis seiner Studien: „Wie alle Mannschaften aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion sind die Letten technisch gut ausgebildet.“ Und sonst? „Na ja“, meint Zach, ansonsten schauen Russen alle aus wie Russen.“

CHRISTIANE MITATSELIS