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: Abstieg ist ein scharfes Schwert

Vier Spieltage vor Saisonende spendet bei manchem Klub nur der Begriff Restprogramm noch Resthoffnung

Nun, da die Saison nur noch vier Spieltage andauert und hernach wohl auch in diesem Jahr wieder drei Mannschaften den Gang in die Fußballhölle werden gehen müssen, nämlich in Liga zwei, fällt einem unwillkürlich der Schlagerbarde Roger Whittaker ein. „Abschied“, so hat der dereinst, noch lange bevor die taz bei solchen Dümmlichkeiten wie dem Schlager-Grand-Prix teilgenommen hat, geschnulzt, „Abschied ist ein scharfes Schwert.“ Dem wohnt, das wird nun wirklich niemand bezweifeln wollen, eine ganze Menge Wahrheit inne, von der natürlich auch der Fußball sein Liedchen zu singen weiß: Abstieg ist immer auch Abschied, ein bisschen wie Sterben zudem – und vielleicht ist dem Fußballlehrer Kurt Jara am Samstag auch deshalb dieses Bild eingefallen, auf dem er seine Mannschaft „mit dem Messer am Hals“ sieht, schließlich ist so ein Messer auch nichts anderes als ein etwas zu kurz geratenes Schwert.

Nun hört sich das alles ziemlich traurig an, was es einerseits natürlich ist, andererseits aber auch wieder nicht, schließlich und wie bereits erwähnt sind noch vier Spieltage zu spielen, und mindestens ebenso lange wird Hoffnung sprießen, jedenfalls beim ein oder anderen Club und solange es sich dabei nicht um einen Karnevalsverein handelt. Für diese Art von Hoffnung wurde im Fußball sogar eigens ein Begriff erfunden, der jeweils zu Saisonende wild durch die Liga wabert: Restproramm. Kaum ein abstiegsbedrohter Kicker oder Trainer, der das so harmlos daherkommende Wörtchen in diesen schweren Tagen nicht bemüht. Restprogramm, so scheint es, ist für die Betroffenen stets auch Resthoffnung.

Dabei handelt es sich im Grunde genommen um eine durchaus seriöse Wissenschaft, mit der man heute schon errechnen kann, wer demnächst im Whittaker’schen Sinne Abschied nehmen muss. Im Fall Gladbach, um nur ein Beispiel zu nennen, geht das so: Die Borussen spielen zu Hause noch gegen Schalke und 1860 München sowie auswärts gegen Kaiserslautern und Dortmund. Ergibt genau 4 Punkte (Unentschieden gegen Schalke und Sieg gegen die Löwen) und somit insgesamt 36 Zähler, was nicht sonderlich viel ist, aber doch für den Klassenverbleib ausreicht, jedenfalls wenn man die Restprogramm-Mathematik auch auf die Konkurrenz anwendet. Dann nämlich, und das ist jetzt ziemlich taz-exklusiv, ergibt sich in vier Spieltagen folgendes Tabellenkellerbild: 11. Hannover (40 Punkte); 12. Berlin (39); 13. Freiburg (38); 14. Kaiserslautern (37); 15. Gladbach (36); 16. 1860 München (33); 17. Frankfurt (30); 18. Köln (20). Das ist für die drei Letztgenannten zwar ziemlich hart, andererseits hat ja schon der Whittaker-Kollege Jürgen Marcus gewusst: „Eine neue Liga ist wie ein neues Leben.“

FRANK KETTERER