Im Namen der Rose

Hertha BSC lässt zum Leidwesen von Kaiserslauterns Präsident René C. Jäggi erst Blumen sprechen und entfleucht dann mit einem souveränen 3:0 gegen dessen FCK den Abstiegsrängen

AUS BERLIN MATTI LIESKE

Der Rosenkavalier war nicht amüsiert. „Wir sind hier doch nicht bei Fleurop“, raunzte Hertha-Manager Dieter Hoeneß, nachdem ihm die Kunde vom blumigen Zornesausbruch des Lauterer Präsidenten René C. Jäggi hinterbracht worden war. Mächtig hatte sich der Schweizer darüber aufgeregt, dass Hoeneß im Laufe der Woche der Ehefrau des FCK-Stürmers Vratislav Lokvenc einen Blumenstrauß gesandt hatte. Feinsinniger Wink mit dem Pflanzenstängel, dem Gatten doch bitte einen Wechsel zur Hertha nahe zu legen. Während Jäggi ausgiebig über die Stillosigkeit der langstieligen Anwanzung wetterte, verwies der tschechische Nationalspieler nur dezent darauf, dass nicht seine Frau, sondern sein Berater für derartige Dinge zuständig sei, und der dürfte weniger an Blumenpracht als an Zahlen interessiert sein.

Der rosige Konflikt zwischen Hertha und dem 1. FC Kaiserslautern machte jedoch sehr schön die unterschiedlichen Befindlichkeiten der beiden Klubs nach dem ungefährdeten 3:0-Sieg der Berliner deutlich. Während Hoeneß munter für eine neue Saison in der Ersten Liga plant, wie das Buhlen um Lokvenc beweist, der sicher nicht zweitklassig spielen würde, muss Jäggi zusehen, dass ihm überhaupt noch Spieler bleiben – in welcher Liga auch immer. Sportlich desolat, zumindest beim Auftritt im Berliner Olympiastadion, finanziell angeschlagen – da ist es kein Wunder, dass sich der FCK-Präsident von Plünderern und Marodeuren umgeben wähnt. „Vielleicht waren manche ja mit ihren Gedanken bei anderen Dingen als denen, die sie tun sollen“, mutmaßte Jäggi giftig über den schläfrigen Auftritt der Lauterer in den ersten 20 Minuten, die die Partie schon entschieden. Trainer Kurt Jara schimpfte darüber, dass genau die Dinge falsch gemacht worden seien, über die man vorher gesprochen habe, tröstete sich jedoch damit, dass der FCK drei der restlichen vier Partien daheim bestreiten darf. „Der Abstiegskampf wird bis zum 34. Spieltag dauern“, prophezeite der Österreicher.

Hertha BSC will bis dahin allerdings längst aus allem Elend raus sein. Zwar sprach es niemand offen aus, doch Mimik und Wortwahl der Verantwortlichen ließen erkennen, dass ein gehöriger Teil der lange Zeit massiv grassierenden Abstiegsangst an diesem Samstag von ihnen abgefallen war. „Mit Souveränität“ habe sich die Mannschaft endlich einmal präsentiert, freute sich Trainer Hans Meyer und wagte zu behaupten, dass „der Tag, an dem wir mit dem Gefühl nach Hause gehen, alles richtig gemacht zu haben“, auch noch kommen werde. Für Meyer-Verhältnisse eine geradezu sensationell euphorische Bemerkung, zumal er ja letzte Woche klipp und klar erklärt hat, dass die Zahl der Hertha-Spiele, von denen er noch als Cheftrainer nach Haus geht, nun genau vier beträgt.

„Mutigen Fußball“, hatte Dieter Hoeneß bei seinem Team ausgemacht, „es war endlich mal so, wie man sich das vorstellt“. Tatsächlich scheinen die kontinuierlichen Punktgewinne seit der Amtsübernahme von Hans Meyer einen schleichenden Gesundungsprozess der angeknacksten Spielerseelen bewirkt zu haben. Die Verunsicherung, Risikoscheu und Zaghaftigkeit, die das Berliner Spiel während der gesamten Saison geprägt und zerstört hatten, sind gewichen. Stattdessen traten die Herthaner gegen Kaiserslautern mit einer selbstbewussten Attitüde an, die dem Gegner von vornherein signalisieren sollte: „Für euch ist hier nichts zu holen.“ Einen Gast, der dies so bereitwillig glaubt wie die Lauterer und ihnen in den ersten 18 Minuten brav drei Tore gewährt, werden sie indes nicht häufig finden. Selbst wenn sie noch so viele Blumensträuße verschicken.