Opfergedenken mit armenischer Hymne

Mit mehreren Demonstrationen wird in Frankreich an den 89. Jahrestag des Völkermordes an den Armeniern erinnert

PARIS taz ■ Gegen den Beitritt der Türkei zur EU und gegen das Leugnen des Völkermordes an den ArmenierInnen fanden am Samstag in zahlreichen französischen Städten Demonstrationen statt. In Paris, Lyon und Marseille beteiligten sich auch PolitikerInnen von rechten und linken Parteien. Am 89. Jahrestag des Beginns der Massaker im Osmanischen Reich, denen 1,5 Millionen Menschen zum Opfer fielen, trugen viele DemonstrantInnen Transparente, auf denen sie die Türkei einen „Serienmörder“ und einen „Serienlügner“ nannten. Zu lesen waren auch Parolen wie: „Kein Beitritt ohne Reparation“ und: „ Schröder, Chirac, Blair euer Europa ist unfair.“

„Europa betreibt gegenüber der Türkei eine Vogel-Strauß-Politik“, sagte der Präsident der Dachorganisation der armenischen Gruppen in Frankreich zum Auftakt der Pariser Demonstration. Ara Taranian stellte fest: „Die Türkei setzt den Genozid mit anderen Mitteln fort und zerstört die letzten Spuren armenischer Anwesenheit.“ Unter großem Beifall der DemonstrantInnen zählte er bei seiner Ansprache in Paris jene 15 Länder auf, die den Völkermord anerkannt haben. Darunter Frankreich, wo eine große armenische Diaspora lebt, und am 23. April diesen Jahres Kanada. Deutschland hat diese lang erwartete Geste nicht vollzogen.

In Marseille sprach der Bürgermeister und Vizepräsident der neogaullistischen Partei UMP, Jean-Claude Gaudin, auf der Gedenkveranstaltung. „Die Türkei gehört nicht in die EU. Ich bin gegen ihren Beitritt, solange sie ihre Verantwortung bei dem Genozid leugnet.“

Auf der Pariser Demonstration, die vor der türkischen Botschaft endete, wo die Organisatoren die armenische Nationalhymne spielten, erinnerten zahlreiche TeilnehmerInnen an das Schicksal ihrer Vorfahren: An ermordete Großväter, vergewaltigte Urgroßmütter, verschleppte Waisen, an Flüsse, die „rot vom Blut der Armenier“ waren, und an eine internationale Gemeinschaft, die wegsah. Dazu gehörte auch das deutsche Kaiserreich, an dessen Seite das Osmanische Reich als Verbündeter im Ersten Weltkrieg kämpfte.

„Es ist eine Schande“, sagten zahlreiche DemonstrantInnen, „dass Deutschland jene Verbrechen nicht anerkennt. Es war ein Genozid, wie jener den Nazideutschland zwei Jahrzehnte später an den Juden begangen hat.“ DOROTHEA HAHN