UNO: Ruandas Armee wieder im Kongo

UN-Mission bestätigt erstmals seit Kriegsende Anwesenheit ruandischer Soldaten im Ostkongo. Ruanda dementiert und bestätigt stattdessen Truppenvorstoß nach Burundi. Jagd auf Hutu-Milizen in den Grenzregionen verschärft sich

BERLIN taz ■ Erstmals seit dem offiziellen Ende des Krieges in der Demokratischen Republik Kongo vergangenes Jahr hat die UN-Mission im Kongo (Monuc) Ruanda beschuldigt, Truppen in den Kongo geschickt zu haben. Soldaten mit Abzeichen der ruandischen Armee seien am 21. April im Ostkongo gesichtet worden, erklärte Monuc-Sprecherin Nana Rosine am Samstag. Das sei „illegal“, sagte sie. UN-Sonderbeauftragter William Swing habe die Regierungen Kongos und Ruandas aufgefordert, „jede Eskalation zu vermeiden“.

Offiziell hatte Ruanda seine Armee im Kongo, die seit 1996 zur Jagd auf ruandische Hutu-Milizen und zur Unterstützung verbündeter Kongolesen dort stationiert war, im Herbst 2002 abgezogen. Als Gegenleistung hatte Kongos Präsident Joseph Kabila zugesagt, die ruandischen Hutu-Milizen im Kongo nicht mehr wie bisher zu unterstützen. Doch seitdem gibt es immer wieder Berichte, wonach weder Ruandas Truppenpräsenz noch Kongos Milizenunterstützung wirklich beendet seien.

Der Nachweis der Anwesenheit ruandischer Soldaten im Kongo ist kompliziert, weil in Ruandas Armee ruandischstämmige Kongolesen dienen, die in den frühen 90er-Jahren aus dem damaligen Zaire vertrieben worden waren. Manche von ihnen blieben nach Ruandas Truppenabzug in ihrer kongolesischen Heimat. Das macht ihre Zuordnung unklar, aber auch ihre nationale Loyalität. Die jetzt von der Monuc entdeckten Soldaten befanden sich im Dorf Bunagana, auf kongolesischem Gebiet sechs Kilometer von der Grenze dort, wo Ruanda, Kongo und Uganda aufeinander treffen; die dortige Bevölkerung ist größtenteils ruandischstämmig.

Die neuen Vorwürfe folgen auf verstärkte Angriffe ruandischer Hutu-Milizen im Ostkongo, die am 8. April sogar zu einem Vorstoß nach Ruanda selbst führten. Die Monuc verstärkte daraufhin ihre Patrouillen in der Grenzregion. Sie organisiert ein Programm zur freiwilligen Demobilisierung und Repatriierung ruandischer und burundischer Hutu-Milizen aus dem Kongo; radikale Milizen boykottieren dieses Programm. Nach UN-Angaben sind noch 8.000 ruandische Hutu-Kämpfer im Ostkongo aktiv – v. a. in den Regionen um Walikale und Uvira.

Ruanda wirft der UNO vor, nicht aktiv gegen die Milizen vorzugehen. Vergangene Woche startete Kongos Regierungsarmee nördlich von Uvira eine Offensive gegen die Milizen. Die Regierungsarmee besteht hier aus früher von Ruanda unterstützten kongolesischen Rebellen zusammen mit lokalen Mayi-Mayi-Milizen, kommandiert von Offizieren aus Kinshasa.

Radikale Kabila-treue Kreise in Kinshasa streuen seit Wochen Gerüchte, wonach Ruanda einen neuen Krieg im Kongo plane. Am Freitag behauptete Kongos Regierung, UN-Truppen hätten im Ostkongo 400 Soldaten aus Ruanda verhaftet. Das wurde allseits dementiert. Ruandas Armeeführung bestätigte stattdessen, ruandische Einheiten seien auf der Jagd nach Hutu-Milizen 30 Kilometer tief nach Burundi vorgedrungen – aus Versehen.

DOMINIC JOHNSON

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