Afrika will mehr Macht in Washington

Minister fordern am Rande der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank mehr Stimmrechte. Weltbank warnt vor weiterer Verarmung des südlichen Kontinents. Die vor vier Jahren vereinbarten Jahrtausendziele sind wohl nicht mehr erreichbar

AUS BERLIN STEPHAN KOSCH

Deutliche Kritik an der gegenwärtigen Politik von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) haben Finanzminister afrikanischer Staaten am Rande der Frühjahrstagung beider Organisationen geübt. In einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten die Vertreter aus Kenia, dem Sudan, der Elfenbeinküste und der Demokratischen Republik Kongo unter anderem mehr direkte finanzielle Hilfe. Außerdem sprachen sie sich für freieren Zugang zu den Märkten der Industrienationen und mehr Stimmrechte innerhalb von Weltbank und IWF aus.

Die afrikanischen Länder wollen eine stärkere Vertretung um „die Stimme Afrikas in diesen beiden wichtigen Institutionen zu erheben“, sagte der sudanesische Finanzminister Elzubier Ahmed Elhassan. Alle afrikanischen Länder zusammen halten 6,5 Prozent der Stimmen bei IWF und Weltbank, die Industrienationen der G 7 gemeinsam mit Belgien, den Niederlanden und der Schweiz 51 Prozent, erklärte dazu das Netzwerk Attac. Die Globalisierungskritiker bezeichneten diese Struktur als „Diktatur der Gläubiger“.

Einen substanziellen Anstieg der direkt nach Afrika fließenden Finanzmittel forderte der kenianische Finanzminister David Mwiraria. Es zeichne sich ab, dass die heimischen Ressourcen und das private Kapital, nicht ausreiche, um die Jahrtausendziele der UN zu erreichen.

In den so genannten Millennium Development Goals ist unter anderem das Ziel formuliert, den Anteil der Menschen an der Weltbevölkerung, die in bitterster Armut leben müssen, zwischen den Jahren 1990 und 2015 zu halbieren. Dass dies tatsächlich möglich ist, wurde auf der Tagung in Washington immer fragwürdiger. Weltbankpräsident James Wolfensohn sagte, es gebe eine vernünftige Chance, die Armut tatsächlich in dem angestrebten Maße zu reduzieren. Dies sei aber eine Folge des „bemerkenswerten Fortschritts in Indien und China“.

Hingegen entwickelt sich das südliche Afrika einem auf der Tagung vorgelegten Bericht der Weltbank zu Folge zum Armenhaus der Welt. Aus der Sub-Sahara-Region komme inzwischen jeder Dritte, der mit weniger als einem US-Dollar am Tag auskommen muss, 2015 könnte es jeder zweite sein. Auch mit Blick auf die anderen Ziele, zu denen Bildung und Gesundheit gehören, sagte Wolfensohn, dass die vor vier Jahren aufgestellten Millennium Goals nicht erreicht würden.

Gegen die Politik von IWF und Weltbank wurde auch in Washington wieder demonstriert. Unter anderem forderten die Teilnehmer einen Schuldenerlass für die ärmeren Länder. An den Kundgebungen nahmen laut den meisten Angaben rund 1.000 Globalisierungskritiker teil, einige Schätzungen gingen auch von bis zu 3.500 Teilnehmern aus.

Die Frühjahrstagung ging gestern mit einer gemeinsamen Sitzung des Entwicklungsausschusses von IWF und Weltbank zu Ende, in dem unter anderem die mangelnden Fortschritte bei der Umsetzung der Jahrtausendziele zur Sprache kommen sollten. Ergebnisse lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.