Drahtseilakt über der Wupper

Die Wuppertaler Stadtwerke stehen vor dem finanziellen Kollaps. Die Bezirksregierung Düsseldorf fordert Millionenbeträge zurück. Die Bewilligung von 120 Millionen Euro Fördermitteln ist unsicher

VON KLAUS JANSEN

Die Zukunft von Wuppertals Wahrzeichen ist in Gefahr. Nach Angaben des Düsseldorfer Regierungspräsidenten Jürgen Büssow (SPD) haben die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) 100 Millionen Euro Fördergelder des Landes für den Ausbau und die Modernisierung der Schwebebahn für falsche Zwecke ausgegeben. Die Bezirksregierung fordert nun 15 Millionen Euro von den WSW zurück, theoretisch könnten die Stadtwerke dazu aufgefordert werden, die gesamten 100 Millionen Euro zurück zu erstatten. Der Landesrechnungshof hatte festgestellt, dass die WSW die an den Schwebebahnausbau gebundenen Fördermittel unter anderem für den Kauf von Grundstücken ausgegeben habe. Weitere Details wollte der Landesrechnungshof nicht bekannt geben, da die Prüfung noch andauere.

„Wie hoch die Rückforderungen am Ende sein werden, wissen wir noch nicht“, sagt Hans-Peter Schröder, Sprecher der Düsseldorfer Bezirksregierung. Ebenso unklar wie die möglichen Ansprüche ist auch die Zukunft der Förderung für den Schwebebahnausbau, dessen Gesamtkosten von anfangs 225 Millionen auf 394 Millionen Euro angestiegen sind. 120 Millionen Euro hatten die WSW für eine zweite Ausbaustufe der Schwebebahn eingeplant, nachdem Landes- und Bezirksregierung im Juli 2002 das Projekt als grundsätzlich zuschussfähig eingestuft und eine vorzeitige Baugenehmigung erteilt hatten. Jetzt rudert man zurück: „Die WSW haben auf eigenes Risiko gebaut“, sagt Regierungssprecher Schröder. „Eine Genehmigung heißt noch nicht Finanzierung, und die steht in den Sternen.“

WSW-Vorstandschef Herbert Janning besteht auf der Zahlung der Fördermittel. Zurückzahlen werde man nichts. „Notfalls lassen wir es auf einen Rechtsstreit ankommen“, sagt er. Schließlich habe man seitens des Landes immer signalisiert, dass man weiter bauen solle. Das sieht auch Wuppertals Oberbürgermeister und WSW-Aufsichtsratsvorsitzender Hans Kremendahl (SPD) so: „Wir haben unser Vorgehen immer eng mit der Bezirksregierung abgestimmt“, sagt er. Sollte die WSW tatsächlich die Fördermittel zurückzahlen müssen, wäre dies der K.o. für den ÖPNV in der hochverschuldeten Stadt Wuppertal – und für die Schwebebahn. Sollte die Stadt die finanziellen Lücken nicht schließen können, droht wegen einer Klausel im Vertrag mit dem WSW-Anteilseigner RWE eine Abspaltung der Verkehrssparte von der profitablen Energiesparte. Und eine Privatisierung. „Ich kann mir politisch nicht vorstellen, dass man das zulässt“, so Kremendahl zur taz. Schließlich sei die Schwebebahn für Wuppertal dasselbe wie der Dom für Köln. Kremendahl baut auf NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD): Er soll die Bezirksregierung dazu bringen, von den Rückzahlungsforderungen abzusehen. Dort zeigt man sich angesichts der Kostenexplosion jedoch skeptisch und will nicht um jeden Preis als Retter in der Not der WSW einspringen: „Wir haben immer ein dickes Fragezeichen hinter die Förderung der zweiten Ausbaustufe gemacht“, sagt Ministeriumssprecher Lothar Wittenberg. Und: „Den Zuständigen in Wuppertal war bekannt, dass es einen Finanzierungsvorbehalt gibt.“

Die Einwohner Wuppertals konnten sich am Wochenende auf die Zukunft des Transportwesens in ihrer Stadt einstellen: Während einer Betriebsversammlung der WSW, an der 2.000 der 2.500 Angestellten teilnahmen, standen Busse und die Schwebebahn mehrere Stunden still. Nutznießer waren die Taxifahrer: Sie machten 70 Prozent mehr Umsatz.