Männer sind als Handwerker willkommen

Die Beginen bildeten im Mittelalter geschlossene Frauen-Clubs. Heute ahmen Kölnerinnen in speziellen Vereinen ihren gemeinschaftlichen Ansatz nach. Im Stadtteil Ostheim soll demnächst sogar ein eigenes „Beginen-Haus“ entstehen

Köln taz ■ Ein fußlanges rotes Samtkleid, auf dem Kopf einen riesigen, lila-grünen Samt-Schlapphut: Eva Maria Ischen von der „Beginengemeinschaft Dominae de Colonia“ ließ es sich nicht nehmen, am Sonntag Abend in diesem traditionellen Beginen-Gewand zur Veranstaltung „Beginen damals und heute“ zu erscheinen. Rund 30 Beginen und Interessierte folgten der Einladung des Kölner Frauengeschichtsvereins in die Melanchthon-Akademie am Kartäuserwall.

In Deutschland entstehen immer mehr Beginen-Projekte. Die mittelalterlichen Frauengruppen unterscheiden sich teils deutlich vom heutigen emanzipatorischen Ideal. So verpflichteten sich die Beginen mit ihrem Eintritt in den Konvent zu Buße und Demut. Einige kasteiten sogar ihren Körper. Und auch wenn sie kein Keuschheitsgelübde ablegten: So lange sie im Beginenhaus lebten, waren die Frauen unter Androhung von Strafe zur sexuellen Enthaltsamkeit verpflichtet.

Ob sie sich stets daran hielten? In Köln kursierte ein Spottvers: „Bejinge / sin nit wie se schinge / se stonn hinger de Jadinge / un sage: do kütt der Minge“. (Übersetzt: „Beginen sind nicht wie sie scheinen. Sie stehen hinter der Gardine und sagen: Da kommt der Meine“.) Einige Historikerinnen suchen nach Hinweisen für lesbische Beziehungen hinter Konventmauern. „Das können auch geistliche Freundschaften sein, die durch die mystische Verbindung mit Gott und die Visionen, die viele Beginen hatten, eine ekstatische Seite bekamen“, erklärt die Mannheimer Historikerin Ilona Scheidle.

Nonnenähnliche Beginen gibt es in Deutschland nicht mehr. Dabei war gerade Köln im Mittelalter ein Zentrum der Bewegung, deren Funke von Brabant her übersprang. Zwischen dem 13. und 19. Jahrhundert gab es rund 170 Konvente in Köln.

Die Frauen bekamen von Stifterinnen Geld und Immobilien. Ihren Lebensunterhalt mussten sie selbst erwirtschaften: durch Handarbeit, Gartenarbeit, Krankenpflege – oder durch Betteln. Eine Erklärung für den Namen „Begine“ besagt, dass er von „beggere“ abgeleitet ist, also betteln und beten. Heute würde man das „Fundraising“ nennen – und darauf sind auch heutige Beginen oft angewiesen. Sie beantragen öffentliche Mittel und ABM-Stellen oder suchen Stifterinnen für Wohnprojekte.

Der Kölner „Beginen e.V.“ ist dabei recht erfolgreich. Er feierte im März sein zehnjähriges Bestehen. Die Frauen wollen jetzt ein Gemeinschaftshaus in Köln-Ostheim bauen. Ab Frühjahr 2005 sollen bis zu 35 neue Wohnungen entstehen. Ungefähr 60 Frauen gehören dem Verein an, außerdem liegen 30 Anmeldungen vor.

Eine Frage wird in allen Beginen-Projekten heiß diskutiert: Welchen Platz haben Männer in der Gemeinschaft? „Wir wollen letztlich nicht zu einem Frauen-Altenheim werden“, sagt Uta Rohde, Vorsitzende des Beginen e.V. „Mütter können ihre Söhne im Haus wohnen lassen, auch wenn sie älter als 18 sind.“ Mietverträge abschließen dürfen nur allein stehende Frauen, Witwen und Alleinerziehende ohne festen männlichen Lebenspartner. Männer sind als Gäste und Handwerker willkommen. So haben es schließlich auch die historischen Beginen gehalten.

Die Kölner Beginen treffen sich wieder am 6. Mai um 19 Uhr im „Beginenfenster“ in der Markmannsgasse zur Lesung mit Gespräch über die Schriftstellerin Irmgard Keun („Das kunstseidene Mädchen“). Inge Brunner