steffen grimberg
: Am meistinformiertesten

Die neuen Minuten-Termine beim ZDF

Jetzt haben wir den Salat: Nach Sat.1 und RTL hat auch das Zweite den Trend erkannt. Eine Informationsoffensive verkündete Intendant Markus Schächter bei den bis heute laufenden „Mainzer Tagen der Fernsehkritik“: „Information wird die stärkste Programmsäule im Programm.“ Und damit sich hinterher keiner rausreden kann, er habe davon nichts gewusst, steht das ab Oktober auch so in der Selbstverpflichtung des ZDF: „Information gehört zur Kernaufgabe des ZDF. 2003 enthielt das ZDF-Programm von allen Programmen des deutschen Fernsehens mit 51,3 Prozent am meisten Information. Dieses Grundcharakteristikum seiner Programmmischung wird das ZDF-Hauptprogramm beibehalten.“ Meistinformiert war man schon. Jetzt wird das ZDF am meistinformiertesten.

Man könnte natürlich mal jemanden fragen, was denn beim ZDF so alles dazugehört zur Information. Den ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut zum Beispiel. Nützt aber nichts: „Was gehört zu den 51,3 Prozent, können Sie mir helfen?“, fragte die Moderatorin. Und Bellut sagte: „Nö“. Nur etwas länger formuliert. „Gehört ‚Kerner‘ dazu?“ – „Ich glaub nicht, nein.“ Na, immerhin. Zum Glück war auch ARD-Programmchef Günter Struve da, der wusste, dass „Aktenzeichen XY“ beim ZDF Information ist. Was aber ist mit „Volle Kanne“? Ach so, Halt, das war ja eine Werbedauersendung. (Nein, liebes ZDF, nur ein Witz!). Vielleicht kann man ja die Liste in die Selbstverpflichtung aufnehmen, falls jemand fragt.

Zum Glück gibt es ja Dokus. Die gehören unstrittig zum Bereich Information. Selbst wenn ihnen Christian „Robert De Niro“ Brückner die Stimme leiht. Und hier – Tusch! – will das ZDF „das BBC-Niveau übertreffen“, so der Programmdirektor. Die Prognose, dass wegen der hierdurch entstehenden Kosten das ZDF leider aus dem Poker um die Rechte für die Fußball-WM 2006 aussteigen muss, ließen sich bis zum Redaktionsschluss dieser Kolumne leider nicht verifizieren.

Anders sieht es mit einer zweiten kühnen These aus: Dass das ZDF so hartnäckig auf Information setzt, um davon abzulenken, dass es mit seinen Fiction-Programmen gar nicht klarkommt, ist ganz klar üble Verleumdung.

Derweil glänzten die wirklichen Nachrichtensender durch Abwesenheit bei den medienkritischen Tagen, deren Thema „Info ohne -tainment“ heißt. Sat.1-Chef Schawinski fiel wegen eines „gleichzeitigen Führungsseminars aus“. Und RTL-Boss Zeiler musste zum „internationalen Bertelsmann-Meeting“, wurde vom ZDF mitgeteilt. Wahrscheinlich um zu erklären, was denn vom neuen österreichischen Bundespräsidenten zu halten ist.