Chamenei soll gehen

Gewalttätige Milizen hindern Irans Studenten nicht am Widerstand gegen die geistliche Führung. Scharfer Protestbrief von Intellektuellen

TEHERAN dpa/afp/rtr ■ Die Proteste gegen das fundamentalistische System in Iran gehen trotz brutaler Einschüchterungsversuche militanter Milizen weiter. Auch gestern Morgen forderten in der Hauptstadt Teheran mehrere hundert Studenten erneut den Rücktritt des geistlichen Führers Ajatollah Ali Chamenei sowie ein Referendum über die politische Zukunft des Landes. Auch in Schiras im Süden des Landes habe es regimefeindliche Proteste gegeben. Dort sei es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen, berichtete der studentische Infodienst Isna.

Fast 250 Reformanhänger veröffentlichten am Sonntag einen offenen Brief, in dem sie die Ausübung einer „göttlichen und absoluten Macht“ als „Ketzerei“ bezeichneten. Das Volk habe das Recht, die Handlungen seiner Führer zu überwachen, zu kritisieren und sie abzusetzen, „wenn es unzufrieden mit ihnen ist“, heißt es in dem Brief. Die Einsetzung einer „göttlichen und absoluten Macht“ und die damit verbundene Einschüchterung der Menschen bedeute eine „Unterdrückung der menschlichen Würde“. Zu den insgesamt 248 Unterzeichnern des Schreibens zählen reformorientierte Geistliche, liberale Oppositionspolitiker, Intellektuelle, Universitätsangehörige und Journalisten.

Das Innenministerium wollte laut Isna gegen die regimetreuen Milizen der Partei Gottes vorgehen, die wiederholt protestierende Studenten angegriffen hatten. Einer der Führer der Gruppe, Said Asgar, soll festgenommen worden sein. Bei einem Angriff der Milizen auf ein Studentenwohnheim am Samstagmorgen waren zehn Studenten zum Teil lebensgefährlich verletzt worden. Wie der staatliche Sender Irib berichtete, hätten diese „Krawallmacher“ die öffentliche Ordnung gestört und Parolen gegen die islamischen Führer des Landes gerufen. Die „Krawallmacher“ seien „politische Söldner“ der USA, hieß es weiter.

Die USA haben das gewaltsame Vorgehen der Führung in Teheran verurteilt. Washington beobachte mit „großer Sorge“, wie die friedlichen Proteste gewaltsam unterbunden würden, erklärte das Weiße haus. Die USA seien alarmiert angesichts der Berichte über Festnahmen führender Oppositioneller. US-Regierungsberater Richard Perle rief Deutschland zu einer offenen Unterstützung der Oppositionskräfte und zur Einstellung der Regierungskontakte auf.