Verkehrswege-Ausbau nicht nach Plan

Der Grüne Albert Schmidt kündigt neue Initiative zur Halbierung von Eigenheimzulage und Pendlerpauschale an

BERLIN taz ■ Der grüne Umweltminister Jürgen Trittin feierte vor Jahresfrist diesen Plan als „Einstieg in eine umweltgerechte Mobilität“. Gerade hatte der für Verkehr zuständige Kollege Manfred Stolpe den neuen Bundesverkehrswegeplan präsentiert. Nach diesem sollen 124,5 Milliarden Euro bis 2015 investiert werden, um Deutschlands Verkehrssystem zukunftsfähig zu machen. Glaubt man dem BUND, ist dieser Plan ein Jahr später Makulatur. „Die kürzlich vorgelegte, mittelfristige Finanzplanung des Bundesfinanzministeriums führt den Verkehrswegeplan ad absurdum“, sagt BUND-Verkehrsexperte Tilmann Heuser, der auf dieser Grundlage nachrechnete.

Im Einzelnen: Statt 5,2 Milliarden – wie für den Verkehrswegeplan in diesem Jahr festlegt – werden nur noch 4,5 Milliarden Euro in den Straßenbau gesteckt. Die mittelfristige Finanzplanung sieht ein Schrumpfen auf 4,1 Milliarden bis 2008 vor. Bei der Schiene fallen die Kürzungen noch deutlicher aus: Statt 4,2 Milliarden werden 2004 nur noch 3,7 Milliarden Euro investiert – bis 2008 sinkt die Summe auf knapp 3 Milliarden Euro. „Dies fortgeschrieben, werden 20 Prozent weniger bis 2015 investiert, als vom Bundesverkehrswegeplan vorgesehen“, sagt Heuser. Schuld sei die zunehmende Überschuldung, die haushaltspolitisch eben immer weniger Spielräume zulasse, so Heuser.

Bekannt ist das Prozedere, das nun folgt: Aus allen Ecken wird „Skandal!“ und „Nachbesserung!“ gerufen. Die Verkehrsminister-Konferenz der Länder machte den Anfang. Die Pläne verursachten „auf Dauer eine nachhaltige Beeinträchtigung von Wachstum und Beschäftigung“. Dies kann man vielleicht noch als Interessenpolitik verbuchen. Allerdings sagen selbst rot-grüne Verkehrspolitiker voraus, dass jedes zweite Projekt des Verkehrswegeplans bei dieser Finanzplanung auf der Kippe steht. „Ich kann an den Realitäten der Finanzpolitik nicht vorbei“, erklärte der Grüne Albert Schmidt der taz. Es gebe nur eine Rettung des Bundesverkehrswegeplans: „Hände weg von Investitionen, ran an die Subventionen“. Schmidt kündigte im Widerspruch zu einem erst am Freitag vorgelegten grünen Positionspapier eine neuerliche Bundestagsinitiative an, „um Eigenheimzulage und Pendlerpauschale zu halbieren“. Dies würde jene Mittel frei machen, die beim Verkehrswegeplan fehlen.

Für den BUND-Experten Heuser ist dagegen klar: „Die verkehrspolitischen Rekordsummen der letzten Jahre wird es nicht mehr geben. Wir werden unter das Niveau der Kohl-Regierung von 1998 zurückfallen.“ Die politisch erklärte Gleichbehandlung von Schiene und Straße gehöre der Vergangenheit an. Weniger investierte Euros müssten nicht per se eine schlechtere Politik bedeuten. „Allerdings ist kein neuer Politikstil zu erkennen“, sagt Heuser. Rot-grüne Verkehrspolitik sei der letzte reformfreie Politikbereich. „Das alte Nachkriegssystem der Verkehrspolitik ist aber einfach überholt – der Bundesverkehrswegeplan.“

Für Albert Schmidt ist eine Korrektur der Eichel’schen Finanzplanung aus einem ganz anderen Grund lebensnotwendig: „Der Höhepunkt der vorgesehenen Mittelkürzungen wird 2006 erreicht – im Wahljahr.“

NICK REIMER

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