150 haben Aufbruchstimmung

Die bundesweite Linksgruppierung „Wahlalternative“ gründet ihre lokalen Ableger im Ruhrgebiet. Teilnahme an der Landtagswahl und Zusammenarbeit mit Attac und anderen Listen sind umstritten

VON ANNIKA JOERES

Gestern in Duisburg, in den nächsten Wochen dann im gesamten Ruhrgebiet: Die Wahlalternative schlägt ihre Wurzeln im Revier. Zur Gründungsveranstaltung der Wuppertaler Gruppe kamen in der vergangenen Woche über 150 Menschen. „Es gibt eine riesige Aufbruchsstimmung“, sagt der Duisburger Marc Mulia, Mitinitiator der Wahlalternative. Die Resonanz sei überwältigend, in jeder Stadt gebe es dutzende von Leuten, die sofort bereit seien, sich in der neuen Linkspartei zu engagieren.

Im Mai sollen alle größeren Städte dem Beispiel Wuppertals folgen: In Bochum, Essen und Dortmund sollen Ortsgruppen entstehen, ebenso in Bielefeld und im Rheinland. In der Linkspartei tummeln sich AnhängerInnen der PDS und der Gewerkschaften, enttäuschte Genossinnen und Ex-Grüne aber auch Mitglieder des Arbeitnehmerflügels der CDU, der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft. „Wir sind ein Experiment“, sagt Mulia, eine neue Form der politischen Zusammenarbeit. Er sieht kein Problem in der bunten Mischung. „Wir verfolgen ja alle das gleiche Ziel“, sagt er. Sie wollten klar machen, dass die Agenda 2010 gefährlich sei und die sozialstaatlichen Leistungen erhöht werden müssten und sie wollen vor allem die anwachsende Gruppe der NichtwählerInnen an die Urne bringen.

„Auf lokaler Ebene haben wir eine größere Chance“, sagt Martin Ströhmeier. Der 20-Jährige aus Moers ist Vorsitzender der LandesschülerInnen-Vertretung und schon seit Monaten in der Wahlalternative aktiv. „Das Interesse kann nur an der Basis entfacht werden“, glaubt er, schließlich hätten die Menschen genug von der Politik von oben.

Strittig ist allerdings noch, wann sich die neuen Gruppen zur Wahl stellen sollten: Erst zur Bundestagswahl 2006 oder doch schon zur Landtagswahl in NRW im kommenden Jahr? „Wir wollen uns nicht aufreiben“, sagt Mulia. Bis sie einen richtigen Wahlkampf auf die Beine stellen könnten, verginge noch viel Zeit.

In dieser Zeit muss auch die Frage der Zusammenarbeit mit anderen sozialen Bündnissen vor Ort und attac geklärt werden. Nach der Agenda 2010 haben sich in vielen Ruhrgebietsstädten Sozialforen gegründet, das erfolgreichste lief letztes Wochenende in Bochum mit 150 TeilnehmerInnen. „Eine Parteiarbeit wäre tödlich“, sagt Reinhard Wegner vom Sozialforum. Sobald eine bestimmte Partei hinzukomme, werde das Bündnis gesprengt. Auch attac hat sich immer als außerparlamentarisch verstanden, obwohl einzelne Mitglieder der Globalisierungskritiker auch bei der Wahlalternative engagiert sind. Für Frank Rothe von der Dortmunder Attac-Gruppe ist die Parteiesnfrage „die Gretchenfrage von attac.“ Er findet es kontraproduktiv, sich in das bestehende System zu begeben. „Warum sollten wir es schaffen, anders als die Grünen zu werden?“