Es stinkt zum Himmel

betr.: „Nicht nur Sache der Techniker“, taz vom 22. 4. 04

Im Interesse einer möglichst breiten Beteiligung der BürgerInnen an ihren eigenen Angelegenheiten und um die Chance zu erhalten, die konkreten Inhalte des Verfassungsentwurfs öffentlich zu diskutieren, spricht sich eine große Anzahl – möglicherweise sogar die Mehrheit – der Attac-Gruppen für ein Referendum aus. Die Darstellung von Stefan Lindner in der taz vom 22. 4. ist eine unverantwortliche Irreführung und ist nicht „die Position von Attac“. Im Übrigen kann die Diskussion um ein Referendum zur EU-Verfassung auch die bestehende Enteignungspolitik der EU gegenüber ihren Bevölkerungen ins Blickfeld rücken.

Selbst die als Fortschritt für die Bürger dargestellten Artikel enthalten bei näherem Hinsehen eine Fußangel. Die viel beschworene Grundrechtecharta steht unter dem Vorbehalt „der Bedingungen und Grenzen“ in anderen Teilen der Verfassung (Art. II, 52). Das angeblich garantierte Subsidiaritätsprinzip wird durch verschiedene Artikel der Verfassung untergraben (z. B. III, 29, 32, 130), den Rest vollzieht die Handelspolitik, für die die EU alleinige Zuständigkeit besitzt und deren Ausdehnung z. B. auf die Dienste von allgemeinem Interesse zum flächendeckenden Abbruch der öffentlichen Daseinsvorsorge führen wird. Die Sicherstellung und Ausdehnung des freien Binnenmarktes genießt absoluten Vorrang vor allen anderen wirtschafts- und sozialpolitischen Zielen. Jede vorsorgend-gestalterische Politik im Interesse von Umwelt, Arbeitnehmern oder Gesundheit wird als Handelshemmnis diskreditiert (III, 65). […] Und schließlich soll eine weltweite militärische Interventionspolitik der EU im Stile von George W. Bush den Heiligenschein der EU-Verfassung erhalten. Kein Wunder, dass die Regierungen dieses „Verfassungspaket nicht mehr aufschnüren“ wollen – es stinkt zum Himmel. […] ELKE SCHENK, Attac-EU-AG, Region Stuttgart

Typisch. Es passt ins Konzept. Deutsche Bürger gelten als unmündig. Mitentscheiden nicht erwünscht. Ob Deutsche Einheit oder jetzt die EU-Verfassung. In einem demokratischen Land gehört doch eigentlich der Volksentscheid selbstverständlich dazu, weil er die Möglichkeit bietet, Bürger an politischen Entscheidungen teilhaben zu lassen. Aber das wird nicht gewünscht. Von deutschen Behörden wird der Volksentscheid leider durch hohe Auflagen stark behindert. Jetzt auch noch von Bundeskanzler Schröder. Wie viel Schaden soll die gute deutsche Volksseele noch erleiden. England macht das wesentlich besser. Verraten durch Sozialdemokraten?

MATTHIAS ROEINGH (Dr. Motte), Berlin