Fast ungetrübtes Hoch auf den EU-Kommissar

Günter Verheugen wird heute 60 und liefert am 1. Mai mit der EU-Osterweiterung sein politisches Meisterstück ab

Man hätte Günter Verheugen ein rauschendes Fest gegönnt an diesem sechzigsten Geburtstag, der fast mit der Erweiterung der Europäischen Union zusammenfällt. Doch die Enttäuschung über das Zypern-Debakel wird seine Festtagsfreude an diesem Tag trüben. Auch wird er sich die nagende Frage stellen, ob die Kommission von der zyprisch-griechischen Regierung hereingelegt worden ist und ein anderes Ergebnis möglich gewesen wäre, wenn er im Vorfeld klarere Absprachen getroffen hätte.

Von diesem Wermutstropfen abgesehen blickt Günter Verheugen auf fünf überaus erfolgreiche Jahre in Brüssel zurück. Zu Beginn seiner Amtszeit wurde der Erweiterungskommissar eher als Assistentenstelle wahrgenommen, im Schatten des Schwergewichts Chris Patten, der für die gesamte Außenpolitik der Union Verantwortung trägt. Relativ schnell zeigte sich aber, dass Verheugen das bessere Los gezogen hatte; denn der Aufgabenbereich des Außenkommissars bleibt in einem Europa der Nationalstaaten diffus und umstritten. Seine ganze Amtszeit über hat Patten unter der unklaren Aufgabenverteilung zwischen Kommission und Rat gelitten und aus seinem Frust darüber kein Geheimnis gemacht. Der Erweiterungskommissar hingegen hat ein deutlich umrissenes Ziel, an dem man ihn nach fünf Jahren messen kann.

Verheugen machte sich mit einem klaren Konzept im Kopf daran, Verhandlungen mit zwölf Partnern über jeweils bis zu dreißig Politikbereiche parallel zu führen; eine Herkulesaufgabe, bei der allen Beteiligten unterwegs hätte die Puste ausgehen können. Doch die Mischung aus harten Verhandlungszielen und ermutigenden psychologischen Signalen führte dazu, dass neun Länder das Klassenziel erreichten; nur die Zyprioten erwiesen sich als resistent gegenüber Verheugens Cocktail aus Lockungen und Drohungen.

Kaum ein Kommissar der Prodi-Kommission hat so zweifelsfrei bewiesen, dass er mit den Brüsseler Strukturen gut zurecht kommt, eigene Reformideen mitbringt und große Lust hätte, weitere fünf Jahre sein politisches Geschick für Europa einzusetzen. Der FAZ skizzierte Verheugen kürzlich, wie er sich eine schlagkräftige Kommission mit 20 Mitgliedern künftig vorstellt: Sie wäre in drei Schwerpunktressorts eingeteilt, eins für Wachstum und Beschäftigung, eins für Außenpolitik und eines für Daseinsvorsorge; worunter Politikfelder wie Landwirtschaft und Umweltschutz zusammengefasst werden sollten. Drei Vizepräsidenten würden sich um die Koordination der Politikfelder im jeweiligen Ressort kümmern; ohne zusätzlichen eigenen Aufgabenbereich. Ob Verheugen gern einer davon wäre – vielleicht, wie in Deutschland diskutiert wird, der neue Superkommissar für Wachstum und Beschäftigung –, will er derzeit nicht verraten. Dann wäre es wohl vorbei mit den Reisen durch die künftigen Mitgliedsländer, wo Verheugen als „Vater der Erweiterung“ verehrt wird.

DANIELA WEINGÄRTNER