Verbotsfans schief gewickelt

Mögliches Kopftuchverbot an Nordrhein-Westfalens Schulen in der Kritik. In der SPD wachsen die Vorbehalte gegen kompliziertes Verbotsgesetz. Verfassungsrechtler: Beamtenrecht reicht völlig aus

VON MARTIN TEIGELER

Die Diskussion um ein Kopftuchverbot an den NRW-Schulen beschäftigt die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen weiter. Kommende Woche finden Anhörungen zum Thema im Landtag statt. In den nächsten Monaten will die Regierungskoalition über ein gesetzliches Verbot an den Schulen Nordrhein-Westfalens entscheiden. Während die Grünen ein generelles Verbot geschlossen ablehnen, debattieren auch die Sozialdemokraten über den Sinn einer gesetzlichen Regelung. Vor einigen Monaten hatte der Rechtsprofessor Battis der SPD-Landtagsfraktion ein allgemeines Verbot empfohlen (siehe Kasten). An der sozialdemokratischen Basis und in Teilen der Düsseldorfer Fraktion wachsen jedoch die Zweifel, ob ein solches Verbot vor den Gerichten stand halten würde.

In der vergangenen Woche referierte der Hagener Verfassungsrechtler Stefan Huster vor sozialdemokratischen Juristen aus dem Ruhrgebiet. Der Jura-Professor meldete Bedenken gegen ein Verbotsgesetz an. Die Privilegierung christlicher Symbole durch ein Kopftuch-Verbot sei in NRW schon deshalb problematisch, weil diese Bevorzugung in der Landesverfassung nicht angelegt sei. Das von Battis vorgeschlagene Verbot mit Einzelfallprüfung auf der Schulebene sei ebenso problematisch. Huster: „Das überfordert die Schule und würde Grundrechte nach den Mehrheitsverhältnissen an der jeweiligen Schule gewähren.“ Der Alternativ-Vorschlag des Hagener Professors: „Es muss gar nichts getan werden.“ Einer Lehrerin, die offen missioniere, könne schon jetzt auf der Grundlage des Beamtenrechts „das Handwerk gelegt werden“.

Nicht nur an der SPD-Basis wird über die Schwächen eines Verbotsgesetzes diskutiert. In der Führung von Partei und Regierung gibt es ebenfalls Zweifler. NRW-Sozialministerin Birgit Fischer gilt ebenso als Verbotsgegnerin wie Landesjustizminister Wolfgang Gerhards. „Ich bezweifle, ob harte Verbotsgesetze in Einklang zu bringen sind mit unserer Vorstellung von einer offenen, wertorientierten und alltagstauglichen Schule“, sagt Karsten Rudolph, stellvertretender Vorsitzender der NRW-SPD. Man sollte nicht persönliche religiöse Überzeugungen aus der Schule verbannen, die missionarischen Eifer und Fundamentalismus verhindern. Der SPD-Landtagsabgeordnete weiter: „Das geht mit dem herkömmlichen Disziplinarrecht.“

Man lehne ein Verbotsgesetz weiter ab, ist aus der grünen Landtagsfraktion zu hören. Die Justiziarin der NRW-Grünen hat den Battis-Vorschlag geprüft. Fazit des grünen Gegengutachtens: „Der vorgeschlagenen Regelung stehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegen.“