Minuten zählen bis zur Pause

Der Bildungsforscher Eckhard Klieme, Mitglied des Pisa-Konsortiums, erklärte an der Universität Oldenburg, wie guter Unterricht gemessen wird

taz ■ Ist guter Unterricht messbar? Ja, meinen Bildungsforscher. Wie, das erläuterte Eckhard Klieme vom deutschen Pisa-Konsortium kürzlich in der Universität Oldenburg. Eingeladen hatte das „Promotionsprogramm Didaktische Reduktion“, in dem Studierende das gleiche erforschen wie Eckhard Klieme für die Pisa-Studie: Was macht Unterricht effektiv?

Um das herauszufinden, müssen Wissenschaftler manchmal nur zählen können: „Wir haben zum Beispiel mitgestoppt, wie viele Minuten einer Unterrichtsstunde tatsächlich unterrichtet wird“, erzählte Klieme. Herauskam: Je kürzer PädagogInnen während der Stunde über die nächste Klassenfahrt reden, desto mehr Leistung bringen die SchülerInnen.

Nicht immer haben es die Jäger des guten Unterrichts aber so leicht. Unmengen von Daten, Filme über Unterrichtsstunden und zig Fragebögen galt es auszuwerten. Deshalb haben Eckhard Klieme und sein Team für internationale Schulstudien sich auf wenige Aspekte konzentriert: Wie strukturiert ist der Unterricht? Gehen LehrerInnen auf die SchülerInnen ein? Wird bei den SchülerInnen Interesse für das Fach geweckt?

„Der beste Unterricht“, so Klieme, „ist der, der sowohl gut durchgeplant, als auch schülernah ist“. Das bedeute für LehrerInnen, dass sie zwei pädagogische Traditionen zusammenbringen müssten, die von vielen als unvereinbar angesehen würden: strikte Planung und Orientierung am Schüler. „Lehrer müssen einerseits organisieren können“, so Eckhard Klieme. „Sie müssen ihr Fach beherrschen, mit den 45 Minuten auskommen, den SchülerInnen klare Anweisungen geben. Andererseits müssen LehrerInnen auch für eine gute Atmosphäre sorgen, den Einzelnen unterstützen und neue Methoden wie Freiarbeit ausprobieren.“

Hilbert Meyer, Schulexperte von der Uni Oldenburg, war überrascht, dass damit bestätigt wird, was er und einige seiner Kollegen schon lange sagen. Zwei wissenschaftliche Ansätze, ein Ergebnis: Didaktiker wie Meyer gewinnen ihre Erkenntnisse durch Theorien, Empiriker wie Klieme stützen ihre Thesen auf Statistiken.

Einig sind sich alle, dass in Deutschland zu viel Druck gemacht wird. „In Japan wird im Unterricht viel mehr gelacht als in Deutschland“, so Eckhard Klieme, „und die Leistungen sind trotzdem besser.“

Markus Vollstedt