Domina im Ring

Heute Abend beim „reich & berühmt“-Festival im Podewil: Esther Röhrborn und ihre Gruppe „Dorothy Vallens“ verbinden Boxen, Ringkampf und Sadomasochismus

Esther Röhrborn wurde 1965 geboren und wuchs in Gropiusstadt auf. Nach dem Abitur studierte sie Jura an der FU, dann Malerei an der HdK, nebenbei arbeitete sie noch im Krankenhaus. 1993 machte sie sich selbstständig, indem sie zusammen mit zwei anderen Frauen ein SM-Studio eröffnete. Ihr gemeinsames „Atelier Rheingold“ existierte sieben Jahre.

1997 fing sie an zu boxen, zuerst im Neuköllner Verein „Allegria und Combat“, dann auch noch im Postsportverein, „um an Boxkämpfen teilnehmen zu können“. Zweimal, 1999 und 2000, wurde sie Berliner Meisterin im Leichtgewicht. Von fünf Kämpfen gewann sie vier. Nach ihrem letzten Kampf, den sie gegen die norddeutsche Meisterin verlor, hörte sie 2001 auf: „Man muss sich gut auf den Kampf vorbereiten – und gewinnen wollen; weil ich erst mit 32 angefangen hatte zu boxen, gab es aber keine Karriere mehr für mich.“

Dennoch hörte für Esther Röhrborn damit das Kämpfen nicht auf, ebensowenig die Dienstleistung. Zunächst tat sie sich mit ihren drei Künstlerkolleginnen Gudrun Herrbold, Tanja Knauf und Ursula Rogg zusammen, um aus ihren abgeschlossenen „Atelier Rheingold“-Erfahrungen eine Inszenierung und Dokumentation zu machen – unter dem kollektiven Pseudonym „Dorothy Vallens“.

Für Röhrborn hat „der Moment, im Ring zu stehen, auch etwas mit Kunst und Theater zu tun“. Ende 2001 war sie als Boxerin in der Rollenden Road-Show der Volksbühne zu sehen. Ihr Auftritt im Prater bestand darin, eine brennende Glühbirne auszuknocken und Boxtricks zu verraten. Später engagierte Christoph Schlingensief sie für seine Volksbühnen-Show „Love Pangs“ – als „Wut-Expertin“.

Inzwischen hat sich Esther Röhrborn aufs Ringen verlegt, zuletzt bot sie Ringkämpfe im SM-Bereich an. Das passt gut zu ihrer Selbsteinschätzung: „Ich bin ein abenteuerliebender Mensch. Auch die Fantasien im SM-Studio finde ich spannend, ebenso die im sportlichen Bereich: Man weiß nicht, was passiert! Und das treibt mich an. Dadurch habe ich viele Erfahrungen gesammelt.“

Auch das Leben in der Gruppe geht für Röhrborn weiter. 2002 zeigte „Dorothy Vallens“ Foto- und Videoarbeiten im Berliner Kunstraum „plattform“, verbunden mit einer Performance. Erstere hieß „Drei Tage Madeleine“, letztere „Zwei Tage Greta sein“. Die Performance wird nun im Rahmen des Podewil-Festivals „reich & berühmt“ noch einmal aufgeführt – unter dem Titel „Königreich Die andere Welt“. Dies bezieht sich auf das „Other World Kingdom“ (OWK): ein kleines Königreich, das 1996 in einem tschechischen Dorf gegründet wurde und aus einem „Unternehmen in Form einer matriarchalischen Monarchie“ besteht, mit dem „dominanten Frauen ein Lebensstil geboten wird, der ihren Veranlagungen gerecht wird“. Zu den alljährlich veranstalteten Feierlichkeiten kommen internationale Dominas und ihre Kunden, auch nichtprofessionelle Frauen und Männer.

In diesem Jahr ist Esther Röhrborn bereits auf einer 10-Städte-Tour durch Deutschland, Italien und Spanien aufgetreten. Dabei traf sie sich mit Kunden in Hotels, um Ringkämpfe zu machen: Die Verabredungen dazu hatte sie zuvor übers Internet organisiert. Zwei Monate war sie mit dem Auto und einigen Gummimatten im Kofferraum unterwegs: „Es funktionierte – und es hat sich auch rentiert“, so ihr abschließender Kommentar. Derzeit wertet sie die dabei entstandenen Fotos und Notizen aus. Vermutlich wird daraus ein neues Kunstprojekt.

HELMUT HÖGE

Esther Röhrborn und „Dorothy Vallens“ bei „reich & berühmt“: Heute um 21 Uhr im Prinzessinnensaal des Opernpalais Unter den Linden