„Wir bestimmen hier die Themen“

Valera aus Venezuela verspricht sich vom Kongress mehr öffentliche Wahrnehmung

taz: Valera, welche Arbeit übst du aus? Valera Yajaira del Carmen: Wir sind Kaffeebauern. Ich helfe meinen Eltern. Wie habt ihr euch als arbeitende Kinder organisiert? Ich komme von einer Landarbeitergruppe. Vor knapp einem Jahr haben wir uns mit Kindern, die auf der Straße arbeiten, zusammengeschlossen. Wir sind also eine Art Dachorganisation. Alle zwei Wochen treffen wir uns.  Habt ihr dabei Vorbilder? Wir können viel lernen von den Organisationen, die wir hier auf dem Kongress treffen. Manche existieren ja schon sehr lange. Außerdem hat unsere Bewegung in Venezuela viel von der Bewegung arbeitender Frauen gelernt. Früher waren sowohl Frauen als auch Kinder von Arbeit offiziell ausgeschlossen; das galt als Männersache. Das ist eine besondere Form des Machismo, glaube ich. Bekommt ihr Unterstützung von Erwachsenen?Ja, wir haben Koordinatoren, die uns helfen, unsere Ideen umzusetzen. Aber wir sind eine Organisation von Kindern für Kinder – wir bestimmen die Themen. Was ist die Botschaft dieses Kongresses in Berlin? Die Leute sollen sehen, dass wir uns organisieren können. Wir möchten, dass unsere Realität wahrgenommen wird. Es gibt nun mal Kinder unter 14 Jahren, die arbeiten, und wenn man das verbietet, dann müssen sie es illegal tun oder klauen. Was wir machen, sind im Allgemeinen ganz normale Arbeiten wie Handeln auf dem Markt oder in der Landwirtschaft arbeiten. Es geht um die Verbesserung unserer Bedingungen.  Ihr habt auch das deutsche Entwicklungshilfeministerium besucht. Welchen Eindruck hattest du? Die Frau, die uns empfangen hat, schien durchaus interessiert an unsere Sichtweise. Sie hatte wohl noch nie von uns gehört, und wie viele Leute war auch sie erstaunt, dass wir für uns selbst sprechen. Aber es ist ja unser Leben, wieso sollten wir das nicht selbst beurteilen können? Was mich gewundert hat, ist, dass sie davon ausgeht, dass es der ILO vor allem um Alternativen zur Kinderarbeit geht. Aber die ILO will in erster Linie Kinderarbeit abschaffen – wir wollen sie gestalten.  Habt ihr schon mal Kontakt zur ILO gehabt?Meine Organisationen ist zum Global March eingeladen worden, der im Mai in Florenz stattfindet. Aber der steht unter dem Motto „Von Kinderarbeit befreite Kinder treffen sich“. Das ist gegen unsere Prinzipien, und deshalb haben wir die Teilnahme abgelehnt. INTERVIEW: AJE