Hauptsache Geschlecht

Christina von Braun spricht heute an der Ruhr-Uni über die wachsende Bedeutung der Gender-Forschung

Bochum taz ■ Die Kultur-Theoretikerin, Autorin und Filmemacherin Christina von Braun hält heute an der Ruhr-Universität einen Vortrag zum Verhältnis von Medientheorie und Geschlechterforschung. Von Braun leitet seit 1997 den Studiengang Geschlechterforschung an der Humboldt-Uni in Berlin. Auch an der Ruhr-Uni gibt es Versuche, „Gender Studies“ zu etablieren.

Während böse Zungen behaupten, es brauche keine vier Jahre, um herauszufinden, was Männer und Frauen sind, war die Zahl der interessierten Studierenden an der Humboldt-Uni von Anfang an hoch. In Berlin werden Gender Studies mit einem beliebigen Studiengang kombiniert. „Gender Studies sind so interdisziplinär wie sonst nichts“, sagt von Braun. Als besonders effektiv hat sich ihrer Meinung nach das Team-Teaching erwiesen: Ein Seminar zu Medizin-Geschichte wird beispielsweise gemeinsam mit einem Mediziner und einem Dozenten der Geschlechterforschung angeboten. Auch tragen die Studierenden die Geschlechterforschung in andere Wissenschaften hinein. „Die radikale Interdisziplinarität ist der Schlüssel dazu, dass die Geschlechterfrage nicht in einem Ghetto diskutiert wird“, so von Braun.

Die Aktualität und Brisanz der Geschlechterfragen und die Tatsache, dass Gender-Kompetenz in immer mehr Einrichtungen erwünscht wird, erkläre die große Resonanz bei ihren Studierenden, so von Braun. Alle Gesellschaftsbereiche seien mit dem Thema konfrontiert: Bundeswehr, Stadtplanungs-Institutionen, Wirtschaft und soziale Einrichtungen. Die Unisex-Tarife der Riester-Rente sind nur ein Beispiel. „Die Ministerien müssen mit dem Gender-Mainstreaming leben, ob sie wollen oder nicht“, so von Braun. Mainstreaming bedeutet, eine Nebensache zu einer Hauptsache zu machen – in diesem Fall: Die geschlechterbezogene Sichtweise überall zu berücksichtigen. Und das wird nun auch offiziell getan: Die deutsche Forschungs-Gesellschaft hat der Humboldt-Uni kürzlich das Graduierten-Kolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“ bewilligt und auch Bundes-Familienministerin Renate Schmidt nutzt für Beratungen ein neu gegründetes Kompetenz-Zentrum des Berliner Instituts. Vortrag: Heute, 14 Uhr, Ruhr-Uni Bochum, GABF 04/611

BETTINA SCHIEL