USA: Geheime Festnahmen genehmigt

Ein US-Gericht entscheidet, dass die Geheimhaltung der Namen von unter Terrorismusverdacht verhafteten Personen rechtens ist. Über 1.200 Menschen waren festgenommen worden – ohne Anklage, ohne Verteidigung, ohne Kontakt nach Außen

aus Washington MICHAEL STRECK

Die US-Regierung kann die Namen von Gefangenen, die nach den Terroranschlägen vom 11. September verhaftet worden sind, aus Gründen nationaler Sicherheit weiterhin geheim halten. Das entschied ein Bundesberufungsgericht in der US-Hauptstadt am Dienstag.

Die Entscheidung ist ein politischer Sieg für Weißes Haus und Justizministerium, die damit die Praxis geheimer Verhaftungen fortsetzen dürfen. Damit wird ein Urteil vom vergangenen August aufgehoben, wonach die Identitäten von Inhaftierten bekannt gegeben werden sollte. Die Veröffentlichung der Namen untergrabe die Arbeit der Ermittlungsbehörden, da potenzielle Terroristen somit über Inhalt und räumlichen Fokus der Untersuchungen informiert würden, argumentieren die Bundesrichter. Zudem erlaube die Preisgabe Terrorgruppen wie al-Qaida, potenzielle Zeugen einzuschüchtern. Seit dem 11. September 2001 sind in den USA rund 1.200 Männer überwiegend arabischer und asiatischer Herkunft als mutmaßliche Terroristen interniert worden. Oftmals hatten sie lediglich gegen Einreisebestimmungen verstoßen, doch die genauen Hintergründe ihrer Verhaftung bleiben zumeist im Dunkeln. Eine breite Koalition von Bürgerrechtsgruppen, unterstützt von Zeitungen wie der Washington Post, versucht die US-Regierung durch Gerichtsbeschluss zu zwingen, Angaben über die Anklagepunkte und den Zustand der Gefangenen zu veröffentlichen. Die Geheimniskrämerei der US-Regierung ist in ihren Augen verfassungswidrig. Sie erwägen jetzt eine Klage vor dem obersten Gerichtshof.

Über die Behandlung von Gefangenen tobt seit den Terroranschlägen ein erbitterter Streit zwischen Menschenrechtsgruppen und Justizminister John D. Ashcroft. Vor zwei Wochen bekamen die Bürgerrechtler ungewohnte Schützenhilfe aus Ashcrofts eigener Behörde, als der Generalinspekteur des Hauses mit einem interen Bericht über die Haftbedingungen von 762 internierten Immigranten für Wirbel sorgte. Bei der Untersuchung wurden „schwerwiegende Probleme“ festgestellt.

Obwohl den Häftlingen offiziell nur Verstöße gegen die Einwanderungsbestimmungen vorgeworfen wurden, sind sie wie Terroristen behandelt worden. Ihre Zellen waren oft den ganzen Tag beleuchtet, ihr Kontakt zu Anwälten wurde behindert, und einige Gefangene sollen verbal und körperlich misshandelt worden sein. Keinem einzigen Häftling konnten Verbindungen zu Terrornetzwerken nachgewiesen werden. Ashcroft zeigte sich von den Enthüllungen wenig beeindruckt. Nur in vier Fällen leitete er weiter gehende Untersuchungen wegen mutmaßlicher Misshandlung ein.

Der Bericht der Justizbehörde sei vom Berufungsgericht überhaupt nicht berücksichtigt worden, kritisiert Steven R. Shapiro, Chefjurist der „American Civil Liberty Union“. Er hält das jüngste Urteil daher auch für falsch. „Geheimhaltung lädt zum Missbrauch ein. Und selbst das Jusitzministerium hat schwer wiegende Fehler zugegeben.“