ausgeben statt sparen
: Politik der guten Laune

Gehen Sie ins Reisebüro und buchen eine schöne Reise, weil die Bundesregierung mehr Geld für Kindergärten ausgibt? Vielleicht, wenn Sie im Kindergarten arbeiten. Für den Rest der Menschheit hat das eine mit dem anderen nicht viel zu tun. Gleichwohl baut die rot-grüne Koalition auf ebendiesen Zusammenhang: Indem sie ihre Aufforderung zum Gürtel-enger-Schnallen etwas zurücknimmt und mehr Schulden vor allem für die Bildung aufnimmt, hofft sie, die Stimmung der Bundesbürger positiv zu beeinflussen und die wirtschaftliche Hängepartie endlich zu beenden. Frei nach dem Motto: Je großzügiger die Regierung, desto konsumfreudiger die Bevölkerung. Fragt sich nur: Kann das funktionieren?

KOMMENTAR VON HANNES KOCH

Wer sieht, dass die Chefs eine positive Vision haben, mag an bessere Zeiten glauben und mehr Geld für den eigenen Konsum ausgeben. Öffentliche Investitionen bedeuten zudem Aufträge für Unternehmen, was sich in sicheren Arbeitsplätzen oder gar neuen Jobs niederschlagen mag. So weit, so gut. Man kann aber mutmaßen, dass andere Hebel zurzeit ebenso wichtig wären – wenn nicht gar relevanter.

Zum einen stagnieren die Löhne und Gehälter der Beschäftigten in Deutschland schon seit Jahren – oder sie sinken sogar. Wer die Nachfrage stimulieren will, sollte auf den gesellschaftlichen Konsens hinarbeiten, dass auch in Zeiten scharfer internationaler Konkurrenz die hiesigen Arbeiter und Angestellten ein Recht auf moderat zunehmenden Wohlstand haben.

Zum anderen tut Rot-Grün selbst seit zwei Jahren alles dafür, dass die Sparquote steigt. Natürlich tragen die Bundesbürger weniger Geld in die Geschäfte, wenn sie mehr für die soziale Sicherung ausgeben müssen. Nicht umsonst raten kritische Ökonomen dazu, auf die anstehende Privatisierung des Krankengelds und die Vorsorge für die dritten Zähne zu verzichten. Die Agenda 2010 ist ein Konsumverhinderungsprogramm. Und die Verunsicherung, die die Bundesregierung damit selbst geschaffen hat, wird sie mit ihrer gegenwärtigen Gute-Laune-Politik kaum beseitigen können.

Folgerichtig müsste die Regierung also einige ihrer so genannten Reformen in Frage stellen. Besonders diejenigen, die – wie die Senkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau – vor allem dazu dienen, die Ausgaben im Bundeshaushalt zu drücken. Bevor die Regierung allerdings dazu bereit ist, wird sie sich bei der nächsten Bundestagswahl 2006 lieber abwählen lassen.