Mannheimer scheint gesichert

Konkurrenten schließen sich zusammen, um die schlingernde Versicherungsgruppe zu retten. Ihre Befürchtung: Ein Konkurs wäre ein Vertrauensverlust für die ganze Branche – und ein schlechtes Signal für das Vorantreiben der privaten Altersvorsorge

aus Berlin BEATE WILLMS

Karl Panzer und José Ferrer können entspannen. Den beiden designierten Vorständen der Protektor Lebensversicherung AG, die als Auffanggesellschaft für Lebensversicherungen in akuter Krise gedacht ist, bleibt die Nagelprobe vorerst erspart: Um den jüngsten Problemfall der Branche, die Mannheimer Versicherungsgruppe, will sich die Konkurrenz direkt kümmern. Darauf verständigten sich Vertreter der führenden Lebensversicherer am späten Montagabend. Sie müssten rund 373 Millionen Euro aufbringen. So viel kostet der Rettungsplan für das schwer angeschlagene Unternehmen. Vermutlich am Freitag soll das Konzept nun der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgestellt werden.

Innerhalb der Branche sei klar gewesen, dass es „dem Vertrauen des Verbrauchers in das Produkt Lebensversicherung erheblich schaden“ könnte, wenn die Mannheimer zusammenbrechen und die Auffanggesellschaft Protektor – von der Branche für einen solchen Krisenfall gegründet – zum Zuge kommen würde, hieß es nach der Entscheidung. Die Versicherer befürchten nicht nur einen Einbruch bei ihren bisherigen Geschäften, sondern vor allem einen Rückschlag für ihre Bemühungen, die Politik zu überzeugen, dass die Altersvorsorge weiter privatisiert werden müsse.

Neben dem politischen Schaden dürften aber auch die konkreten Kosten eine Rolle gespielt haben: Bislang ist Protektor ein virtuelles Unternehmen mit zwei Vorstandsmitgliedern – dem Geschäftsführer Leben im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Panzer, und dem ehemaligen Finanzvorstand der Hamburg-Mannheimer, Ferrer – und sonst praktisch nichts. Sollte die Gesellschaft tatsächlich aktiviert werden, müsste erst eine Infrastruktur aufgebaut werden, bevor das Geld in der Branche eingesammelt werden könnte – alle Lebensversicherer hätten sich am Aufbau wie an der Kapitalausstattung entsprechend ihrem Marktanteil zu beteiligen. Der Rettungsplan dürfte sie deshalb billiger kommen, zumal sie auf diesem Weg getätigte Zuschüsse eher wieder zurückholen können. Allerdings wird sich der Einsatz nur lohnen, wenn nicht noch mehr Lebensversicherer ins Trudeln kommen – und die Mannheimer-Rettung als Präzedenzfall anführen.

Die Mannheimer hatte sich unter ihrem Konzernchef Hans Schreiber verspekuliert, der zu spät auf den Aktienboom gesetzt und zu spät wieder umgesteuert hatte. Letztlich fehlten dem Unternehmen rund 300 Millionen Euro. Da Schreiber zudem dafür gesorgt hatte, dass sich kein Großaktionär herausbilden konnte, gab es in dieser Situation auch niemanden, der Geld nachschießen wollte: Die Mannheimer gehört zu 13 Prozent der österreichischen Unica und zu 10 Prozent der Münchner Rück, sechs weitere Versicherer halten unter 5 Prozent, der Rest der Aktien befindet sich in Streubesitz. Aufgrund dieser Managementfehler hatte die BaFin auf dem Rücktritt Schreibers bestanden, den der Konzernchef dann am vergangenen Freitag einreichte.

Nach ersten Informationen haben sich zwischen 75 und 90 Prozent der insgesamt 120 deutschen Lebensversicherungen bereit erklärt, sich an der Rettung zu beteiligen. Sie würden – wie bei Protektor – je nach Marktanteil belastet. Ein Problem dabei ist, dass es vielen von den kleineren selbst nicht allzu gut geht. Insgesamt haben die Kapitalanlagen der deutschen Lebensversicherungen in den letzten drei Jahren rund 100 Milliarden Euro an Wert verloren. Zwischen 20 und 50 Milliarden davon sollen sie noch nicht abgeschrieben haben und deshalb noch in ihren Bilanzen vor sich herschieben.