„Endlich hat das Elend ein Ende“

Migrantenvereine und der Migrationsbeauftragte des Senats sind froh, dass die Grünen endlich beim Zuwanderungsgesetz aussteigen. Landesbeirat erarbeitet jetzt einen eigenen Integrationsplan

VON SABINE AM ORDE

Lange haben sie für ein Einwanderungsgesetz gestritten. Gestern aber waren die Migrantenvereine und der Integrationsbeauftragte der Stadt erleichtert, weil genau dieses Gesetz nun endlich gescheitert zu sein scheint. „Dieser Schritt war überfällig“, urteilte Havva Engin, Koordinatorin des Landes-Integrationsbeirats des Berliner Migrationsbeauftragten. „Schließlich ist die Schmerzgrenze schon lange überschritten.“ Das Gesetz sei von einem Einwanderungs- zu einem Antiterrorgesetz geworden, Einwanderung werde heute wieder als Bedrohung und nicht als Bereicherung debattiert.

Auslöser für die Erleichterungsgefühle war die Entscheidung der Bündnisgrünen, aus den Verhandlungen über das Zuwanderungsgesetz auszusteigen. Parteirat und Bundesvorstand hatten sich gestern einmütig dafür ausgesprochen, die Gespräche mit der Opposition abzubrechen, weil eine Einigung mit der Union nicht möglich sei.

„Lieber kein Gesetz als dieses“, meint dazu auch Eren Ünsal vom Migrationsbeirat Berlin-Brandenburg, der 45 Einwanderervereine vertritt. Denn der Entwurf, wie er derzeit auf Bundesebene verhandelt wird, bringe „faktisch keine Verbesserung“ für die Einwanderer. Dennoch, so Ünsal weiter, sei das Scheitern des Gesetzes ein verheerendes Signal an die Migranten-Communities der Stadt. „Es zeigt: Diese Gesellschaft ist immer noch nicht bereit, zu akzeptieren, das Deutschland ein Einwanderungsland ist.“

Auch der Migrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening, verspürte „Erleichterung, dass das Elend ein Ende hat“. Gleichzeitig sprach er aber auch von einer vertanen Chance.

Nun hoffen die Migrantenvereine und Piening, dass Rot-Grün einige positive Aspekte des ursprünglichen Gesetzentwurfs, wie die Integrationskurse für Einwanderer, allein auf den Weg bringt. Diesen müsste die Union im Bundesrat nicht zustimmen. „Dafür ist allerdings der Wille beider Koalitionspartner notwendig, gestalterisch tätig zu werden“, so Piening. Eine entscheidende Frage sei aber auch, wie viel Geld die Bundesregierung letztlich für solche Kurse bereitstelle.

Gleichzeitig hoffen die Mitglieder des Landes-Integrationsbeirats, der bei Piening angesiedelt ist, dass ihre eigene Arbeit einen Stückchen der Lücke schließt, die die jetzige Situation hinterlassen hat. Sie arbeiten derzeit an einem Integrationsplan, der dem Senat konkrete Handlungsanweisungen liefern soll. „Unsere Ziele sind Chancengleichheit und Partizipation“, sagt Maciej Berlin vom Polnischen Sozialrat, einer der Migranten im Beirat.

Noch beackern die Arbeitsgruppen Bereiche wie Kitas, Arbeit und Soziales; im Frühjahr sollen die Empfehlungen an den Senat fertig sein. Bleiberechtsfragen freilich können so nicht geregelt werden, auch sind die Empfehlungen in Sachen Integration für die Landesregierung nicht verbindlich. Aber immerhin können sie ein politisches Signal sein. Berlin: „Vielleicht wird so ein Teil des Gesetzes überflüssig.“