neue schulden
: Öffnet die Schleusen

Egal ob 50, 100 oder 150 Millionen Euro, die Berlin mit der kommenden Steuerschätzung weniger in den Kassen haben wird: jeder Euro weniger im Haushalt ist ein Euro zu viel.

KOMMENTAR VON THORSTEN DENKLER

Wer dem Senat Böses will, schreit sparen, sparen und nochmals sparen. Als wenn darin das Heil eines Landes läge, das mit 53 Milliarden Euro in der Kreide steht. Sicher, der eine oder andere Staatssekretärsposten ist überflüssig, ein paar Vorstandsgehälter sind zu hoch. Alles eine Aufregung wert. Aber bitte auf dem Teppich bleiben. Die Probleme sind größer. Berlin ist nicht einmal mehr in der Lage, ein paar hundert Millionen Euro weniger Steuereinnahmen zu verkraften. Bei einem Etat von 20 Milliarden schier unvorstellbar.

Aber seit in der Stadt gekürzt und gestrichen worden ist, wie nie zuvor, kaum eine soziale Gruppe ausgenommen blieb, dürfte jedem klar sein: Die Ausgaben können nicht weiter heruntergefahren werden.

Ja, es war ehrenvoll und gut, dass die SPD mit ihrem Wahlsieg 1998 auf Bundesebene schuldenfreie Haushalte zum obersten Ziel erkoren hat: Wir können nicht länger Geld ausgeben, das den nachgeborenen Generationen gehört. Aber das war vor dem 11. September 2001. Das war vor der weltweiten Wirtschaftskrise. Die richtige Taktik, in guten Zeiten das Geld für die schlechten Zeiten zu sammeln, ging nicht auf. Es gab bisher nur schlechte Zeiten. Ein Sozialstaat aber lässt sich nur bezahlen, wenn es der Wirtschaft gut geht.

Also her mit den zinsgünstigen Krediten, lasst die Schuldenberge anschwellen, auf dass die Konjunktur anspringe. Investiert in bleibende Werte, in Schulen und Universitäten, in Kinder und Köpfe. Aber lasst die Löcher in den Straßen – eine billigere Verkehrsberuhigung gibt es nicht.

thema des tages SEITE 22