Die Grundrechte der Eltern

betr.: „Der Staat subventioniert die Familien grundlegend falsch. Kluge Mütter wollen Arbeit“, taz vom 29. 4. 04

Die Anpassung der Menschen an die Arbeitswelt, nicht an die Welt der Kinder und der Familie wird hier propagiert. Denn eine Vollzeitstelle für eine Journalistin wie Frau Oestreich, die zudem noch auf der Karriereleiter weiter nach oben will, ist ein Zehnstundentag. Von dieser Sicht der Vollzeitarbeit sind unsere Politiker, wie ein Spiegel-Interview mit Friedrich Merz kürzlich zeigte, auch nicht mehr weit weg. Ein Schlag ins Gesicht all der Eltern, die der eigenen Betreuung ihrer Kinder noch einen Raum in ihrem Leben oder sogar Priorität einräumen wollen. Eine Missachtung des Verfassungsgerichtes, das über unsere Grundrechte wacht. Auch die der Eltern.

MANFRED SCHREIBER, Kirchzarten

Hören Sie doch bitte auf, die nicht berufstätigen Mütter und die mehrfachbelasteten gegeneinander auszuspielen. Das geschieht doch in Kindergarten und Schule schon oft genug! Im Gegenteil: Die Mütter müssen zusammenhalten, um bei den „zu wenig betreuten Kindern“ die Macken so klein wie möglich zu halten. Die „Eltern mit Zeit“ von Freunden sind für diese Kinder eine Ergänzung zu den oft gestressten eigenen Eltern. Und: Wer sonst macht den ehrenamtlichen Trainer, die Jungschar-Leiterin oder erfüllt das Programm von Schulfördervereinen mit Leben? […]

Noch stehen so wenig Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung, dass die wenigen, die es gibt, auch ohne Qualität „konkurrenzlos“ sind. Solange ich aber den Eindruck habe, dass meine Kinder in einer Kindertagesstätte wesentlich weniger Förderung und emotionale Begleitung bekommen als bei mir, überlasse ich meinen Arbeitsplatz lieber jemandem, der ihn nötiger hat als ich. Nennen Sie das nun klug oder nicht. U. NEHLS, Reutlingen

Leider ist der Beitrag von Frau Oestreich so einseitig, wie man es bei diesem Thema gewöhnt ist. Dass das Aufziehen von Kindern mit erheblichen finanziellen Lasten verbunden ist, wissen alle Eltern. Eine finanzielle Unterstützung von Familien durch den Staat ist durchaus richtig und sinnvoll. […] Betreuungsmöglichkeiten für Familien, in denen beide Elternteile arbeiten gehen wollen, sind ebenfalls sinnvoll. Es darf jedoch keine Benachteiligung für die Familien entstehen, die ihren Nachwuchs selbst erziehen wollen und bei denen deshalb ein Elternteil zu Hause bleibt. Ich bin der Überzeugung, dass diese „klassische“ Variante der Familie für die Kinder die wertvollere und damit förderungswürdig ist. Jeder/jedem die freie Entscheidung für die Variante, die sie/er bevorzugt. Das schafft den Nachwuchs, den wir brauchen. MORITZ MÜLLER, Waltenhofen

Was Familien in diesem Staat benötigen, ist nicht eine Streichung staatlicher Unterstützung, sondern deren Ausbau. Entwicklungspsychologisch ist die Familie von fundamentaler Bedeutung für die Kinder. Kinder benötigen die Wärme, die Zuwendung und, heute besonders wichtig, die Zeit ihrer Eltern. Das kann keine Kita leisten.

[…] Ich sehe seit längerer Zeit den Druck auf Familien wachsen, das Einkommen zu sichern, indem beide Eltern mehr und mehr in die Erwerbsarbeit gedrängt werden. Das bedeutet weniger Zeit der Eltern für ihre Kinder. Das Ergebnis dieses gesamtgesellschaftlichen Trends findet sich dann in höheren Jugendhilfeausgaben in den Jugendämtern wieder. […] ANNETTE REISKE, Rheine